Nebbiolo. Eine Diva von Weltformat.

Gruß aus dem Piemont.

Das Piemont kennen alle. Denn es ist die Heimat des Trüffels.
Das Piemont kennen alle. Denn hier keltert man Barolo.
Aus welcher Traube der Barolo gemacht wird, wissen nicht alle.

Und so widmen wir uns heute dem Nebbiolo. Einer Diva von Weltformat.

Nebbiolo. Die Rebsorte.

Nebbiolo ist eine sehr filigrane Rebsorte, welche höchste Ansprüche an Boden und Klima stellt. Folgt man ihrem Willen nicht, wird sie dünn, unausgewogen in einer eher unreifen Tanninstruktur. Der Nebbiolo reiht sich in dieser Manier gleich hinter eine andere sehr eigene Rebsorte, welche in meinen Augen die Königin der Rotweinsorten ist: Pinot Noir (Spätburgunder).
Bekommt die Nebbiolo Traube den richtigen Boden und die richtigen Klimaverhältnisse und ebenso eine umsichtige Vinifizierung, werden ihre Weine dicht, dunkel, komplex, würzig, langlebig mit ausgewogenem Tannin.
Ihre besten Lagen werden dann unter strengen Produktionsbestimmungen als Barolo oder Barbaresco ausgebaut. In diesen Lagen stehen Drei Viertel des gesamten Nebbiolo Anbaus.

Warum ist der Nebbiolo nun eine solche Diva.
Die Sorte treibt früh aus, was im späteren Frühjahr die Gefahr von Frost nach sich zieht. Ebenso spät reift sie, was im Herbst durch Regen eine Ernte erschwert. Sie braucht sehr warmes mildes Klima, deshalb findet man die Nebbiolo Lagen fast ausschließlich in Südhängen und hier auch nur im oberen Teil des Weinberges. Viele Rebzeilen sind hier horizontal ausgerichtet, um die Sonneneinstrahlung zu optimieren. Und sie braucht Kalkmergel Böden, welche sich in der Kombination mit den klimatischen Bedingungen nur in Norditalien finden lassen.

Den Ursprung seines Namens verdankt der Nebbiolo dem italienischen Wort „nebbia“ für Nebel. Hierzu gibt es gleich zwei möglichen Anekdoten. Einerseits bildet sich auf den Traubenschalen zur Reifezeit im Herbst eine weiße Schicht. Andererseits zogen früher zur Lesezeit im Oktober häufig Nebel aus den Flußniederungen auf.

Nebbiolo.Eine Diva von Weltformat.

Traditionalisten gegen Modernisten.

Die Diva reagiert auch sehr empfindlich auf wenig sachgemäße Vinifikation.
Obwohl man wusste, dass die Rebsorte sehr empfindlich ist, wurde fast ein Jahrhundert lang der Nebbiolo nur als Verschnitt verschiedener Weinbergslagen ausgebaut. Man wollte damit Stärken und Schwächen einzelner Ernten ausgleichen und ein jährlich gleiches Geschmacksbild abgeben.
Bis in die 1960er Jahre fehlte für das Piemont jegliche Lagenbezeichnung.
Dies änderte sich durch das beherzte Eingreifen eines Weinkritikers und namhafter Winzer und wurde tatsächlich nachträglich in das italienische Weingesetz aufgenommen.

Leider war es im Piemont Tradition, Rotweine vier oder mehr Wochen auf der Maische gären zu lassen. Dies fördert zwar die Tannin Bildung, welche in den Beerenhäuten sitzt, führt aber in nicht ganz so guten Jahren dazu, dass durch die lange Standzeit die Frucht verloren geht und die kräftige Säure der Rebsorte sich uneingebunden zu sehr in den Vordergrund drängt.

Eine neue Generation von Winzern begann in den 1990er Jahren, nach dem Vorbild der Kollegen im Bordeaux, die Maischestandzeiten radikal zu kürzen auf zwei bis vier Tage und die Weine in Barriques statt in großen Holzfässern auszubauen.
Der Wein hatte nun Zeit für einige Jahre Reife, bevor er seinen Siegeszug in die ganze Welt antrat.
Nicht alle Winzer folgten diesen Neuerungen und so spalteten sich die Winzer in Traditionalisten, die behaupteten, die im Barrique schnell zur Samtigkeit gebrachten Weine seien nicht langlebig. Und Modernisten, die die schwankenden Qualitäten des Nebbiolos den allzu langen Gärzeiten zuschrieb.

Interessant ist, dass die Kollegen in der Toskana einen ähnlichen Streit über die Ausbauweise ihres Chiantis haben, der bis heute die Winzer in zwei Lager spaltet.

Gewonnen hat den Streit keines der beiden Lager.
Der Nebbiolo hat davon jedenfalls mächtig profitiert.

Nebbiolo. Eine Diva von Weltformat.

Hier sind meine Funde. Wie immer zufällig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

2019 „Il Nebbio“ Langhe DOC 2019Nebbiolo
Pio Cesare, Piemont

12,5 % Vol. € 18,50

Pio Cesare gründete sein Weingut 1881 und ist heute noch der einzige Betrieb inmitten von Alba. Der historische Keller umfasst vier Ebenen in die Tiefe inklusive der alten Stadtmauer von Alba. 2021 übernahm mit 24 Jahren Frederica Boffa das Weingut nach überraschendem Corona Tod ihres Vaters. Önologe des Weinguts und immer beratend zur Seite ist Paolo Fenocchio.

In der Nase Nougat, leichte Röstaromen, Heidelbeere, Sauerkirsche, etwas Leder, Nasses Laub, Jod, Karamell

Am Gaumen Sauerkirsche, nussig, Marzipan, Garrigue Kräuter, Zigarre, Zartbitter, lebendige Säure

Im Langen Nachhall ausgewogen in Frucht- und Tanninstruktur

Opulenter Wein.

Speisen

Rehragout mit Zimt und Rotwein, wildem Brokkoli, Kartoffelrösti; Tagliatelle mit Kalbsragout

 

Nebbiolo2018 „Perbacco“ Nebbiolo Langhe DOC
Vietti, Piemont
12,5 % Vol. € 18,60

Die Anfänge des Gutes reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück, aber seit den 1960er Jahren haben sie sich systematisch an die Spitze im Piemont gestellt. Vietti war auch führend im Ausbau der weißen Piemonter Rebsorte Arneis und vermarktet seine Weine seit den 1970er Jahren auch unter Künstleretiketten. 2016 Verkauf an einen amerikanischen Weinenthusiasten. Das Gespann Vietti und Schwiegerfamilie Currado leiten weiterhin das Weingut.

Tabak, Schwarztee, Süßkirsche, Teer, Mandeln und Thymian eröffnen die Nase

Der Gaumenauftakt ist kühl mit Noten von Cassis, Sauerkirsche, abgelöst von kräutrigen Aromen, Tabak, Mandel, Rumtopf

Langer Nachhall mit ausgeprägten weichen Tanninen, viel Frucht und leichter Säure

 

Etwas Marmeladig. Leider nicht der Favorit.

Speisen

Vorspeisen mit Leberwurst, Pasteten, mariniertem Gemüse; Gröstl von Blutwurst mit Selleriepüree; Schweinelende mit Feigensauce und Kartoffelkrapfen

 

Nebbiolo2018 „Botti“ Nebbiolo Langhe DOC
Azienda Agricola Pecchenino, Piemont
12,5 % Vol. € 16,50

Zur Jahrhundertwende als Landwirtschaftsbetrieb gegründet, gelegen in Dogliani, seit den 1980er Jahren in dritter Generation erfolgreich. Großer Focus liegt auf dem Ausbau von Dolcetto. Sehr schönes Landhaus als B&B umgebaut.

Verhaltene Nase von Sauerkirsche, Cassis, gebrannten Mandeln, Röstaromen, Lakritz

Am Gaumen leicht kühlend mit einem Auftakt von Sauerkirsche, abgelöst von Nüssen, Marzipan, Schwarztee, Pfeffer, prägende Adstringenz, Backpflaume

Im langen Nachhall rote Früchte und prägende sehr weiche Tannine

Der Wein braucht Luft. Er ist sehr ausgewogen.

Speisen

Kürbis Gnocchi mit Salbeipesto; Rinderroulade, gefüllt mit Speck und Cornichons, gebratene Schupfnudeln

 

Nebbiolo2018  “Pian delle Mole” Nebbiolo Langhe DOC
Guilia Negri, Piemont

12,5 % Vol. –  € 18,90

Giulia Negri, in Palermo geboren und in Rom aufgewachsen, kehrt nach dem Studium und etlichen Jahren im Burgund ins elterliche La Morra auf das Weingut Serradenari zurück und vinifiziert 2007 ihren ersten Barolo. Dies gibt ihr den Spitznamen „Barologirl“ ein. Heute ist sie aus den Top Ten des Piemont nicht mehr wegzudenken, wobei sie stets auf ihren eigenen Stil und den Hauch von „Garagenwein“ nicht verzichtet.

In der Nase rauchig, Noten von Haselnüssen, Sauerkirsche, Garriguekräuter, schwarzer Pfeffer, Schwarztee, Orangenceste, Backpflaume

Der Gaumen eröffnet mit leicht animalischen Noten, gefolgt von Tabak, Lakritz, Zartbitter, Süßkirsche, Backpflaume

Im langen Nachhall weiche Tannine gepaart mit guter Fruchstruktur

Guter Wein für Fruchtliebhaber.

Speisen

Pilzlasagne mit Wildkräutersalat; Gebratene Entenbrust, Korianderpesto, Kartoffelgratin

 

Nebbiolo

 

2018 Nebbiolo Langhe DOC
Fontanabianca, Piemont
12,5 % Vol. € 13,70

Gegründet 1969 in der Nähe von Neive, wo die Familie Paolo eine Salumeria betrieb. Franco Paolo und Ottavio Ferro legten den Grundstein zu feinen Weinen und bis heute ist das Weingut sehr um den Barbaresco verdient. Nach Rückzug der Familie Ferro aus Altersgründen übernahmen Aldo und Sohn Matteo Paolo. 2018 Kellerneubau.

Aromen von Heidelbeere, Eukalyptus, Unterholz, Schwarzkirsche eröffnen die Nase, gefolgt von Röstaromen, Nüssen, Rumtopf, Nougat, Steinpilzen

Am Gaumen kühl mit viel Sauerkirsche, gefolgt von Tee, Leder, Zartbitter, Pflaume

Langer Nachhall mit weiche n prägenden Tanninen, viel Frucht und frischem Finish

 

Runder weicher Wein. Braucht Luft.

Speisen

Ragout vom Hasen, Semmelknödel, Rosenkohl; Gebackener Kürbis mit Kräuterquark und Schwarzbrot

 

Nebbiolo2019 „Ginestrino“ Nebbiolo Langhe DOC
Conterno Fantino, Piemont
12,5 % Vol. € 19,50

Gegründet 1982 von Claudio Conterno und Guido Fantino. Mittlerweile haben sich Alda, Fabio und Elisa Fantino dem Betrieb angeschlossen. Ausschließlich Verwendung von Reinzuchthefen, die aus Hefestämmen im Weinberg gezüchtet werden. Das Ziel ist eine schnelle Gärung und anschließend langer Ausbau im Barrique. Eine sehr modern Art des Weinbaus, die nicht überall Zuspruch findet.

 

Üppige Nase mit Heidelbeere, Cassis, Garrigue Kräutern, Liebstöckel, Zigarrenrauch, Süßkirsche, Schwarztee, Teer

Am Gaumen Auftakt von dunklen weichen Beeren, Kirsche, Rumtopf, gefolgt von Zigarre, Tabak, Lakritz, Kräuter, leichte Adstringenz

Im mittlerne Nachhall rauchige Noten gepaart mit viel Frucht und weichen Tannninen

Leichtgewicht aber rund.

Speisen
Vorspeisen mit Leberwurst, Pasteten, mariniertem Gemüse passen hier ebenso wie beim Perbacco; Schweinerücken mit Espressokruste, Ratatouille, Schupfnudeln; Involtini vom Kalb mit Tomatenpesto und Topinambur

 

Nebbiolo. Eine Diva von Weltformat.Gruß aus dem Piemont.

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8 Kommentare zu “Nebbiolo. Eine Diva von Weltformat.

  1. Endlich – nach so langer Zeit ein wirklich schöner Artikel und eine schöne Empfehlung. Es ist ja zum Glück wieder „Rotwein-Wetter.

  2. Liebe Juliane,
    schön daß du nach der langen Zeit ausgerechnet meine Lieblings- und Sehnsuchtsitaliener beschreibst.
    eine wunderbare Gegend mit netten Menschen… die Fontanabianca steht schon länger auf meinem Zettel,
    wird beim nächsten Besuch dort probiert 🙂
    Wie immer eine griffige und bildhafte Weinbeschreibung – schön zu lesen!
    bis hoffentlich bald wieder…

    • Lieber Harald,
      vielen Dank für Deine Treue.
      Ich freue mich, mit meinem Wiedereinstieg Dein Thema getroffen zu haben.
      Bin gespannt, dann von Deinen neuen Nebbiolo Funden zu lesen…
      Eine wirklich schöne vielseitige Rebsorte…
      Auf bald.

  3. Liebe Juliane,
    das liest sich hervorragend!
    Wie schön, dass der Blog wieder da ist…
    Liebe Grüße!

    • Lieber Markus, danke für Deine Begeisterung.
      Ich arbeite auch schon am nächsten Thema.
      Grüße, Juliane

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