Valpolicella muss aus der Nische.
Valpolicella kommt aus dem Veneto. Seine zugelassenen Gebiete liegen westlich vom Gardasee und nördlich Veronas. Das Veneto ist ein norditalienisches Weinanbaugebiet, das lange Zeit um seinen guten Ruf zu kämpfen hatte. Leider oft zurecht verschuldet, denn die Mißhandlung der Trebbiano Traube zu untrinkbarem Billig Soave war lange Jahre ein Unding italienischer Winzer.
Spästestens aber mit dem Siegeszug des weißen Lugana hat sich die Trebbiano Traube rehabilitiert.
Lugana ist seit zwei Jahren der Sommerwein schlechthin und wurde sehr hochpreisig in der Gastronomie ausgeschenkt.
Hat es der Valpolicella auch?
Wer kennt Valpolicella und wenn ja, in welchem Zusammenhang?
Sicher kennen alle Amarone – das ist der große Bruder des Valpolicella und teilweise auch ein bißchen schuld an seiner Verkümmerung.
Wer kennt Corvina? Rondinella oder Molinari? Das sind die Hauptrebsorten, die im Valpolicella vorkommen.
Der Valpolicella war ebenfalls lange ein Stiefkind der heimischen Winzer, denn sie ernteten Masse oder behielten die richtig guten Tranchen für die Amarone Produktion zurück.
So kamen in den Valpolicella Classico nur weniger beachtete Trauben. Die Weine waren dünn. Inzwischen haben die Winzer des Gardasees auch begriffen, dass Ertragsbegrenzung von Vorteil ist. Und sich auf die Tradition ihres Valpolicella besonnen: eine Cuvée aus allesamt autochthonen Traubensorten, die leichte, aber kirschige, würzige Weine mit hell- bis purpurroter Farbe hervorbringen.
Manche Winzer verwenden auch zur Unterstützung des Ausbaus das Ripasso Verfahren, das ist eine abgemilderte Form der Amarone Herstellung, bei der ein Teil der Trauben getrocknet und dann in den schon gegorenen Wein eingemaischt und nochmals gekeltert wird. Es gibt den Weinen mehr Körper und Farbe.
Das Ripasso Verfahren wird gesondert etikettiert und hat seit 2010 eine DOC Klassifikation.
Amarone – dies sei nur kurz der Vollständigkeit erwähnt – hat ein eigenes Herstellungsverfahren.
Die geernteten Trauben werden 90 Tage in offenen Dachböden auf Holzrosten getrocknet und regelmäßig gewendet und faules Lesegut ausssortiert. Die Trauben trocknen ein, der Zucker konzentriert. Dies ergibt später schwere alkoholreiche Weine. Nach der Trockungsphase werden die Trauben gepresst und eingemaischt, nach 10-14 Tagen gekeltert und reifen drei Jahre im Eichenfass.
Zurück zum Valpolicella. Ich habe mich also auf die Suche nach der Besonderheit des Alltäglichen begeben. Wein, der handwerklich gut dasteht, ohne Ripasso auskommt und einen guten eigenständigen Eindruck erweckt ohne gleich Kopfschmerzen über das Budget zu verursachen.
Hier sind meine Funde. Wie immer zufällig und unvollständig.
Valpolicella muß aus der Nische!
2018 Valpolicella Classico DOC
Cantine Bolla, Pedemonte
12,5 % Vol.
Die Cantine Bolla gehört zu einem Zusammenschluss namhafter Kellereien unter dem Label Gruppo Italiano Vini.
In der Nase Sauerkirsche, Eukalyptus, Brombeere, Mandeln, etwas Cassis, Orangenceste.
Kurze Säure am Gaumenauftakt, viel rote Beeren, Kaffee, grüne Nüsse, leicht adstringent, viel Kirsche.
Im kurzen Nachhall junge Tannine, etwas adstringent mit mandeligem finish.
Leicht. Unkompliziert. Jugendlich.
Speisen
Leberwurst grob und fein, Entenpastete, marinierte Gemüse, Schmand, Graubrot; Rotwein Risotto mit Waldpilzen und Petersilie
2019 Valpolicella DOC
Allegrini, Fumane
13% Vol.
Die Familie Allegrini besitzt drei Weingüter in Friaul-Julisch Venetien, darunter auch Corte Giara, von dem hier auch ein Wein verkostet wurde, und ein Weingut im Bolgheri (Toskana).
Sauerkirsche, Eukalyptus, Thymian eröffnen die Nase, ergänzt von Heidelbeere, Lakritz und Zimt.
Frische Säure am Gaumenauftakt, gefolgt von kräftigen Beeren, leichter Süße und würzigen Noten.
Im mittleren Nachhall leicht gerbig, sehr gute Balance von Frucht, Tannin und Säure.
Klassisch. Ausgewogen. Gut.
Speisen
Gebratene Kalbsleber mit Schalottensauce, cremige Polenta; Rote Bete Ravioli mit Trüffelbutter und Parmesanschaum
2018 Valpolicella DOC
Corte Giara, Fumane
13% Vol.
Corte Giara, wie zuvor beschrieben, gehört in den Besitz der Familie Allegrini. Die Linie entstand 1898, um leicht zu trinkende frische Weine herzustellen. Die Weingärten rund um den Gardasee sind langfristig gepachtet.
Kühle Nase mit Eukalyptus, Reisig, Schwarztee, Rauch, Cassis.
Am Gaumen weich, mit Aromen von Süßkirsche, Brombeere, kurze Säurespitzen, Teeblätter, Oregano, Rauch.
Im mittleren Nachhall etwas alkoholreicher Eindruck, präsente gut eingebundene Tannine, robustes finish mit toastigen Noten.
Robust. Vielseitig. Schön.
Speisen
Rehgulasch, Maronenpüree, Romanesco; Pasta mit Fenschelsalami, Kirschtomaten, karamelisierten Zwiebeln, Limettensud und dicken grünen Bohnen
2019 Valpolicella DOC
Tommasi Viticoltori, Pedemonte
12% Vol.
Hundertjährige Familientradition der Familie Tommasi, die sich immer noch selbst verwaltet, jedes Familienmitglied trägt etwas dazu bei. Ursprünglich als landwirtschaftlicher Betrieb angelegt wird heute Wein auf 135 ha angebaut.
Sauerkirsche, Liebstöckel, Kaminrauch eröffnen die Nase, ergänzt von Lakritz, Pflaumenkompott.
Am Gaumen weicher Fruchtauftakt, leichte Frische, etwas adstringent, kräutrig. Sehr samtig.
Im mittleren Nachhall kräftige Fruchtnoten etwas toastig, weiches finish.
Vielseitig. Ausgewogen. Fein.
Speisen
Involtini vom Kalb, mit Spinat und Lardo, Safran Risotto; Perlhuhnbrust mit Safran-Piment-Kruste, cremiger Wirsing, gebackene Kartoffeln
2016 TOAR – Valpolicella Classico DOC
Masi Agricola, Garganago
13% Vol.
Masi Agricola gehört zweifellos zu den bekanntesten Weingütern des Veneto. Seit dem 18. Jahrhundert wird es von der Familie Boscaini als Familienbetrieb geführt. Auch hier handelt es sich inzwischen um einen Zusammenschluss mehrerer Linien.
Stall, nasse Blätter, Jod in der Nase, gefolgt von Espresso, Zimtstangen, Majoran, Rumtopf, Graphit, Brombeere, Zartbitter.
Am Gaumen Auftakt von kräftiger Frucht, toastig, Zimt, Zartbitter, Pflaume, Lakritz. Sehr auskleidend, kräftig, gut eingebundene Tannine.
Im langen Nachhall elegante Tanninstruktur mündend in kräftiger Frucht.
Kräftig. Schöne Tannine. Rund. Wirkt wie ein Ripasso.
Speisen
Ragout vom Hirschen, Sternanissauce, Topinambur Püree; Kross gebratene Entenbrust, Zartbittersauce, glacierter Rosenkohl, Bluwurst-Kartoffelgeröstl
Folgend noch ein Wein, der nach dem Ripasso Verfahren hergestellt wurde,
aber zu schön ist, um hier nicht vorgestellt zu werden.
2014 Vigneti di Torbe DOC
Valpolicella Ripasso
Domini Veneti, Negrar Verona
13,5% Vol.
Die Domini Veneti ist das 1989 gegründete Qualitätsprodukt der Cantina Valpolicella Negrar, einer Genossenschaft von 80 Winzern gegründet 1933, um ihre Investitionen zu schützen.
Süßkirsche, Mandel, Lakritz und Nougat in der Nase, etwas Kakaopulver, Schwarzbrot.
Am Gaumen schmelziger Auftakt, kräftige Kirsche, abgelöst von Toast, Tabak und feinen Tanninen.
Im Nachhall lang und ausgewogen mit präsenten Tanninen.
Tolles Tannin mit Weicher Frucht.
Speisen
Schweinefilet im Kräutercrêpes, gebratene Steinpilze, alter Balsamico; Gnocchi mit Gorgonzolasauce, gehackte Walnüsse
Rotwein vom Gardasee. Valpolicella muss aus der Nische.
Bezugsquellen und Preise
Die Preise unterliegen der derzeitigen MwSt. Senkung von 16%.
Weinversand Fehser
Ripasso Domini Veneti € 14,50
Belvini
Cantine Bolla € 9,36
Allegrini € 9,70
Corte Giara € 7,25
Tommasi € 9,74
Toar, Masi € 14,52
Welch ein Glück! Juliane schreibt weiter an ihrem Blog. Eine Valpolicella-Präsentation von feinster Verkostung!
Wir bleiben gerne dabei.
Das Wichtige an dieser Präsentation ist der Wein und seine Herkunft.
Vielen Dank für die Inspirationen.
Das Weingut Allegrini kenne und schätze ich bereits seit einiger Zeit. Die anderen werde ich bei Zeiten testen.
Danke, Herr Enders für Ihre Begeisterung.
Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare bezüglich der anderen Weingüter.
Die Empfehlung zu einem anderen Weinhandel mußte ich leider löschen,
da ich in meinem Blog keine unterschwellige Werbung erlaube.
Liebe Juliane,
schön, wieder von dir zu lesen !
schönes thema und eine noch schönere gegend dort – schön, dass du dir die „arbeit“ gemacht hast
eine auswahl der besseren weine zu erstellen – gibt immer noch viel überbezahlte unterduchrschnittliche weine dort – aber eben auch ein paar entdeckungen – wie du zeigst.
einen tip – falls du was von max fornaser findest (monte faustino) in bure (wo auch masi ist, wenn ich mich richtig erinnere) – unbedingt probieren. max hat auch wunderbaren regiotto.
— den hinweis kannst du auch gerne löschen, falls das werbung ist — 🙂
eine besinnliche vorweihnachtszeit und alles gute für dich!
Danke, Harald für Deine Begeisterung und die Tipps.
Werde dem nachgehen…Wenn es die Zeit erlaubt.
Bin leider etwas spät dazu gekommen, Juliane, hast Du Sendepause? Es macht richtig Freude, Dich zu lesen. Vermutlich hast Du, wie wir alle zu wenig Zeit. Auf bald Andy
Danke, Andy, für Deine Begeisterung.
Bin in der Tat seit langer Zeit sehr eingebunden, aber es wird im Herbst neue Artikel geben.