Eine Zufallslaune hat mich in diesem Herbst an die Loire geführt. Eine Gegend, die sehr durch ihre Gastfreundlichkeit geprägt ist und nebenbei den einzig fast naturbelassenen Fluss Frankreichs ihr Eigen nennt. Das hat den schönen Nebeneffekt, dass es auf der Loire keine Schifffahrt gibt, dafür aber Fischfang, der in den lokalen Küchen landet und wirklich gute gastronomische Ergebnisse vorweisen kann.
Sieht man vom Grund meiner Reise einmal ab, der weniger der Kulinarik sondern den unzähligen Schlössern und Kirchen gewidmet war, habe ich doch hier eine Traube kennengelernt, die ich in all den Jahren nur bei einigen Weinmenüs als kräftige Speisenbegleiterin in Betracht gezogen hatte.

 

Darf ich vorstellen: Chenin Blanc. Gruss von der Loire.

Da es hier zu weit führen würde, das ganze Weinanbaugebiet der Loire widerzuspiegeln, konzentriere ich mich auf wesentliche Merkmale. Verbreiteter ist die hauptsächlich im Osten angebaute Sancerre Traube und bekannter sind sicher die Roséweine aus dem Gebiet rund um Chinon und nach Westen hin aus dem Anjou Gebiet.
Da ich nun aber die Chenin Blanc Traube vorstellen möchte, konzentriere ich mich auf die Zentren ihres Anbaus: Saumur mit seiner Schaumweinproduktion und die Gegend rund um Tours (Touraine) mit der Vorzeige Appellation Vouvray.

Chenin Blanc. Die Rebsorte.

Die Rebsorte hat ihren Ursprung in Frankreich. Sie ist so vielseitig wie der Riesling, aber leider bei weitem nicht so bekannt. Die Traube spiegelt sehr genau das Terroir wieder, auf dem sie steht. Sie bringt frische junge Weine hervor mit großem Säurepotential und wird deshalb bevorzugt zur Schaumweinproduktion an der Loire eingesetzt. Die Aromen reichen hier von grünem Apfel, Quitten und Birne zu kräutrigen Noten.
Lässt man sie reifen, werden die Trauben teilweise von Botrytis (Edelfäule) befallen, was dem Nebel an den Flussufern geschuldet ist. Die Weine werden nun üppig mit reifen Aromen von Mango, Khaki, Karamell, Blütenhonig.
Die Spitzenweine sind daher halbtrockene oder restsüße Weine mit einem hohen Alterungspotential aufgrund der Säure.

Im 17. Jahrhundert wurde die Traube nach Südafrika gebracht, wo sie die meist angebaute weiße Rebsorte ist und bekannter unter dem Namen „Steen“ ist. Erst spät erkannten Winzer ihr Potential, anfangs wurden sie nur als Massenweine angebaut, man vermutet, dass sie oft als Säurezugabe dem Chardonnay beigemischt wurde. Durch das wärmere Klima fällt die Säurestruktur milder aus und ist dadurch besser zu handhaben.

Tuffsteinkeller.

Die Besonderheit der Loire sind ihre Tuffsteinkeller. Deren Entstehung hat einen baulichen Grund. Man nutzte die Vorkommen der Steine zum Bau der Schlösser und Kirchen und trug sie in immensen Steinbrüchen ab. Die ganze Loire leuchtet deshalb in diesem weißen Ton.
Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten Winzer die idealen klimatischen Bedingungen der Keller, die ganzjährig eine Temperatur von 10-12 Grad Celsius aufweisen. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit in den Kellern werden sie auch zur Pilzzucht verwendet.

Ich habe bei meiner Reise das Glück gehabt, einen dieser Keller zu besichtigen.

Das Weingut Maison Bredif bietet eine Verkostung inmitten der Keller in einer Rotunde an.
Dort lagern die Weine, genannt Nectár, die nur in außergewöhnlichen Jahren gekeltert werden. Der älteste Wein dort ist aus dem Jahre 1874.
Wir laufen durch lange Gänge, insgesamt sind es 12 km, es lagern 10 Tausende Flaschen dort.
Sehr beeindruckend. Die Gläser beschlagen an der Luft und ich erhalte einen Eindruck der Bandbreite des Chenin blanc. Allerdings sind zu Beginn in der Nase auch muffige Töne zu finden und die moelleux ausgebauten Weine verlangen nach Käse oder Dessert, man sollte sich da langsam herantrinken.

 

Schlösser der Loire.

Ich kann  eine Reise an die Loire nur wärmstens empfehlen.

Städte wie Saumur und Amboise sind Kleinode mit hübschen Gassen und guten Restaurants, das Schloß von Amboise gehört zu den Highlights, wenn sich solch ein Ranking überhaupt bilden lässt und hat einen sehr schönen kleinen Garten.
In Saumur habe ich im Restaurant L’Escargot auf die Schnecken verzichtet, dafür aber bestes Risotto mit Rotbarbe genossen und natürlich ein Glas Vouvray.

Die Loire ist geprägt von großer Weite mit viel Land und Getreideanbau. Auffällig ist die Freundlichkeit der Menschen. Das Essen ist eher rustikal und reichhaltig, passend zu den Weinen eben.

Die Schlösser sind beeindruckend, vor allem auch wegen ihrer Vielzahl.
Besonders erwähnen möchte ich noch die Gärten von Villandry, es ist eine Gartenanlage, die dem Schloss Versailles Konkurrenz machen möchte, mit einer eigenen Pflanzenzucht und 20 Gärtnern, drei davon sind nur für den Buchsbaumschnitt zuständig.

 

 

 

 

 

 

Ein guter Ausgangspunkt neben Saumur für eine kulinarische & Schlösser Reise ist der Ort Blois.
Schon fast groß zu nennen auf beiden Seiten des Flusses angesiedelt, gibt es hier ein buntes städtisches Leben, sehr gute Restaurants und das schönste Gästehaus der Welt zu einem bezahlbaren Preis. Die Maison Loire, geführt von zwei jungen sehr freundlichen Gastgebern, liebevoll renoviert und komplett im Stil des 19. Jahrhunderts ausgestattet mit der besten Quiche des Ortes zum Frühstück, großzügigen Zimmern und Bädern und viel Ortskenntnis der beiden Hausherren.

 

 

 

 

 

 

Da dies ein Wein Blog ist, beschränke ich meine Exkursion hiermit und widme mich den Weinen.
Chenin Blanc von der Loire steht leider in Deutschland kaum in den Regalen der Händler.
Es lohnt sich jedoch, danach zu suchen.
Hier sind meine Funde. Wie immer zufällig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

2021 Vouvray AOP
Familie Bougrier, Loire
11,5 % Vol. – 9,80€

Hellgelbe Farbe mit grünlichen Reflexen.
Verschlossene Nase, sehr stahlig, etwas Steinobst, Pampelmuse, Brioche.

Am Gaumen zitrische Noten gefolgt von Lack, Mango, Minze, Blütenhonig, Noten von Toast, Grapefruit, leichte Sommerkräuter (Oregano, Majoran), Karamell, Schmelz.

Zartes finish mit feiner Säurestruktur und üppigem Schmelz.

Langsamer Entwickler. Nicht zu kalt servieren. Sehr schön.

Speisen
Gebratener Fisch mit Weißweinsauce und geschmortem Pak Choi; Gegrilltes Huhn mit Kräutermarinade, Ofenkartoffeln; Schafskäse-Feigentarte mit Pinienkernen und Rosmarinschmand

 

2022 La Calèche, Vin blanc sec
Terroirs de Baumard, Loire
12 % Vol. – 9,90€

Hellgelbe Farbe mit grünlichen Reflexen.
Grüne Noten eröffnen die Nase, Paprika, Stachelbeere, Maracuja, Holunderblüten, Kümmel, Brioche, weißer Pfeffer, Pumpernickel.

Am Gaumenauftakt leicht, es spiegeln sich die Aromen der Nase, Paprika, Stachelbeere, Majoran, weißer Pfeffer, etwas rauchig, Holunder.

Im Nachhall leichter Schmelz, Noten von Maracuja und Stachelbeere, feingliedrige Säure, sehr zart, sehr hell.

Guter Allrounder.

Speisen
Vorspeisenplatte mit Kräuter-Frischkäse, mariniertem Gemüse, Fenchelsalami, mildem Käse; Flammkuchen mit Speck oder Lachs und getrockneten Tomaten; Zucchini, gefüllt mit Schafskäse und Rosmarin, Wildreis

 

 

2022 Lena Filliatreau
Appellation Saumur Contrôllée
Domaine Filliatreau
14% Vol. – 14,90€

Goldgelbe Farbe.
Üppige Nase von exotischen Früchten, Khaki, Mango, Kumquats, gemahlene Haselnüsse, Karamell, Waldhonig, Minze, Brennessel.

Am Gaumen Auftakt Aromen von Mango, Orangeat, gefolgt von Apfelkompott, Rosinen, Bittermandel, Ahornsirup, viel Schmelz.

Kräftiges Finish mit viel Lack und Nüssen, gut eingebundene Säure.

Sehr eigener, fast schwerer Wein. Kein Solist.

 

Speisen
Gebratene Schweinelende, Mangochutney, Kartoffel-Tomaten-Stampf; Lamm Tandoori mit Bambus, Ingwer, Blattspinat; Süßkartoffel-Hackfleisch-Auflauf mit Kräuterschmand

 

2022 Marc Brédif Classic
Appellation Vouvray Contrôllée
Marc Brédif
12,5 % Vol. – 17,00€

Grüngelbe Farbe.
Üppige Nase von Mango, Khaki, Karamell, Mandeln, Pampelmuse, etwas Firn, reichlich Noten von gelbem Steinobst.

Frischer Säureauftakt am Gaumen, gefolgt von Mango, reifer Birne, Toast, Karamell.

Nachhall mit saftigem Schmelz und frischer Säure.

Leichter, sehr ausgewogener Wein.

Speisen
Vorspeisenplatte mit Entenpaté, geräuchertem Schinken, mittelaltem Käse, dunklem Brot; Kürbisravioli in Estragon-Sauerrahm-Soße; Putencurry mit Thai-Basilikum und Ingwer, Risotto

 

2018 Réserve Privée Vigne Blanche
Appellation Vouvray Contrôllée
Marc Brédif
13,5 % Vol. – 22,00€

Hellgelbe Farbe.
In der Nase Noten von Jod, Graubrot, Orangenceste, Teer, Rosinen, geriebener Apfel, Reisig.

Am Gaumenauftakt eröffnet grüner Apfel, abgelöst von zitrischen Noten, gefolgt von Karamell, gerösteten Walnüssen, weißem Pfeffer, Schinken, Mango, leichtem Firn.

Im langen Nachhall gut balancierte Säure mit Noten von reifem Apfel, etwas Firn, Tabak, Karamell.

Dieser Wein läuft etwas außerhalb des Rankings, denn er ist sehr gereift. Da ich aber den Genuss hatte, ihn vor Ort verkosten zu dürfen, sollte er hier nicht fehlen.
Er braucht viel Luft (mindestens eine Stunde) und sollte bei 15 Grad in einem Burgunderglas serviert werden.

Speisen
Raclette; Vacherin Mont-d’Or mit dunklem Baguette; Seeteufel mit Kräuterkruste, Kartoffel-Ecken; Gebratene Semmelknödel mit Pilzragout und Petersilie

 

Chenin Blanc. Gruss von der Loire.

 

Bezugsquellen

Vouvray AOP Familie Bougrier
Mövenpick Weinkeller Frankfurt

La Calèche
Lobenbergs Gute Weine

Lena Filliatreau
Lobenbergs Gute Weine

Vouvray, Marc Bredif
Spielmann Wine

Réserve Privée Vigne Blanche
Maison Bredif

Und hier noch der Link zum Aufenthalt in
Maison Loire

 

Die WeinPlanerin. Wein und Speise. Korrespondierend oder Konträr.