The Human Wine

Wein zu Wasser

Generell lasse ich mich ungern vor einen Charity Karren spannen, denn die Verbindung von Alkohohl und Charity hat in meinen Augen kein gutes Ansehen. Ich schrieb das einmal an anderer Stelle: Trinken für den guten Zweck? Scheint mir zwiespältig.

Wenn aber ein so sympathisches Duo wie Timo Wentzel und Marcus Dytrich mir ihr Projekt antragen, welches mit viel Mühe und Geschick und in größter Selbstaufopferung durchgeführt wurde, dann schiebe ich meine Bedenken beiseite. Unter dem Vorbehalt, hier auch leichte Kritikpunkte anzumerken.

The Human Wine

Ist das zweite Projekt der beiden Initiatoren nach einem Kochbuch, das 2016 als Abschlussprojekt der Hotelfachschule Heidelberg entstand. Dort trafen sich die Wege der beiden Gastronomen.

 

The Human Wine. Die Idee.

30 Menschenrechte gibt es. Diese sind aufgeteilt auf 30 Weine von ebenso vielen Winzern mit 30 prominenten Botschaftern.  Wentzel und Dytrich haben nichts unversucht gelassen, um sowohl eine große Bandbreite an Winzern als auch an Prominenten „Ambassadors“ ins Boot zu holen.

Unter dem Motto Wir machen Wein zu Wasser ist die Idee des Projektes, von jeder gekauften Flasche einen festen Betrag an das Projekt WIR Water is Right zu spenden.
WIR Water is Right ist eine Initiative des Söhne Mannheim Gründers Rolf Stahlhofen, der sich seit 2011 unermüdlich dafür einsetzt, von Kenia bis Haiti  dezentrale Wasserlösungen zu schaffen.

The Human Wine. Die Anfänge.

Timo Wentzel, der Sommelièr, und Marcus Dytrich, der Koch und F&B Manager, trafen sich in der Heidelberger Hotefachschule und beschäftigten sich damals mit einem Projekt zur Flüchtlingsthematik. Daraus entstand ein Kochbuch mit 50 Köchen.

„Uns ist aufgefallen, wie wenig wir selbst über das Thema wussten und dass es da einiges zu entdecken gab. So fassten wir den Entschluss, das Menschenrecht auf eine entspannte Art und Weise zugänglicher zu machen. Und suchten nach einer Möglichkeit, dabei möglichst viele Menschen teilhaben zu lassen.“ Zitat der homepage

Sie wollen zum Nachdenken über das Menschenrecht aufrufen, ohne erhobenen Zeigefinger. Zur Sensibilisierung, mit dem Flüchtlingsthema und dem übergeordneten Menschenrecht. Sie sind der Meinung, dass mangelndes Wissen über die Zustände in vielen Flüchtlingsländern hierzulande zu Angst und damit auch schnell zur Ablehnung führt.

„Unsere Aktion ist gänzlich unpolitisch, aber wenn wir nur ein paar Menschen überzeugen, dass eine offene Gesellschaft, in der wir beide natürlich auch leben möchten, besser ist als die Abgrenzung, wäre es ein großer Erfolg. Und das zu erreichen ist ein verdammt guter Grund und ziemlich starker Antrieb.“ Zitat aus meiner Korrespondenz mit Marcus Dytrich

So begannen sie das Projekt The Human Wine.

Winzer mussten überzeugt werden, dann die Botschafter gewonnen. Da sie beide gut vernetzt sind, gelang dies nach anfänglichen Rückschlägen dann auch gut.

Sie verstehen das Projekt als Flaschenpost zur Verbreitung der Menschenrechte, das nebenbei einem Charity Zweck dient. Das Ziel sind 100.000 Euro Spenden in einem Jahr das bedeutet von September 2018 bis August 2019.

The Human Wine. Das Charity Projekt.

Das Projekt Water is Right ist sicher ein sehr löbliches Unterfangen und eine Aufgabe für den Gründer und Botschafter Rolf Stahlhofen. Da nun nahezu jeder Prominente eine Botschaft hat, war für mich dieser Teil der Geschichte lange schwer, nachzuvollziehen. Wie ist sichergestellt, dass Rolf Stahlhofen die richtigen Projekte unterstützt? Viel schwerer wiegt die Frage: kommt das Geld, das die Winzer spenden denn auch wirklich beim Projekt an? Wer überwacht und lenkt das?
Oder braucht es einfach eine gehörige Portion Vertrauen an die Macher.

Das ist ein kleiner Kritikpunkt meinerseits an dem Projekt.

 

The Human Wine. Die Botschafter.

Kein geringerer als Nico Hoffmann, einer der erfolgreichsten Persönlichkeiten der deutschen Filmlandschaft,
ist Botschafter und Schirmherr des Projekts. Für mich eine Ausnahmeerscheinung, auch als Restaurantgast.
Es tummeln sich Sportler wie Roman Weidenfeller und Mario Basler, Moderatoren wie Ruth Moschner, aber auch Köche wie die Ikone Dieter Müller und die medienwirksame Maria Groß. Musiker wie Sasha oder Daniel Wirtz und Schauspieler Urgesteine wie Benno Führmann oder Hannes Jaenicke. Großes Kino für einen Wein. Nicht zu vergessen die Weinpäpstin und Master of Wine Jancis Jobinson, die sich einen Riesling von der Mosel ausgesucht hat.

The Human Wine. Die Etiketten.

Die Etiketten tragen auf der Vorderseite als Zeichnung das Bild des Ambassadors.
Darunter steht das jeweilige Menschenrecht. Das empfinde ich als einen gelungen Schachzug.
Auf der Rückseite sind die weinrechtlich wichtigen Anmerkungen versehen.
Die Etiketten sind sehr aufwändig und liebevoll gestaltet.
Die Fotos sehe ich allerdings als einen kleinen Schwachpunkt des Projekts.
Denn will ich wirklich, dass Jancis Robinsons Konterfei mir beim Weinkonsum zusieht?
Oder Sonja Kirchberger?

 

The Human Wine. Die Weine.

Die Weine sind im Durschnitt mit 17€ bepreist. Allesamt von namhaften Winzern aus Deutschland und einem geringen Teil Österreich. Das ist für Wein Klassiker ein mittlerer bis stolzer Preis, aber wir geben ja € 3,50 im Durchschnitt an das WIR Projekt ab und laut der Initiatoren erheben sie einen cent Betrag pro Flasche zur eigenen Kostendeckung.

Folgt man den Aussagen von Wentzel und Dytrich, so will man ihnen glauben und ihnen Respekt zollen für eine rastlose Zeit von Frühjahr bis Sommer, die für die Sache geopfert wurde….

 

Sehr lesenswert ist übrigens ihr eigens inszenierter Interview Part auf der Homepage.

 

The Human Wine. Die Menschenrechte.

Wer kennt die Menschenrechte? Wir leben frei und entspannt unter diesen 30 Paragraphen. Ich verweise auf fünf, die ich besonders hervorhebenswert finde.

Artikel 3
Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

Artikel 7
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Artikel 10
Jeder hat das Recht auf ein gerechtes Verfahren vor einem unparteiischen Gericht.

Artikel 18
Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

Artikel 26
Jeder hat das Recht auf Bildung.

 

Und wie schmeckt der Human Wine?

Ich habe mich aus der Fülle auf drei Weine konzentriert, die meine besondere Neugier geweckt hatten.
Riesling Alte Reben vom Weingut Maxim Grünhäuser, weil dies der Wein von Jancis Robinson ist.
Chardonnay Kalkstein vom Weingut Lisa Bunn, die ich schon immer mal kennen lernen wollte.
Blaufränkisch Hochberg vom Weingut Ernst im Burgenland, weil ich diese Rebsorte sehr schätze.

So schmeckt der Human Wein. Meine Verkostungsnotizen


2016 Chardonnay vom  Kalkstein ‚Edition Maria Gross‘
Weingut Lisa Bunn, Rheinhessen
7 Monate Hefelager, Stahlausbau

Muskat, Schale von Honigmelone in der Nase, ergänzt von Haselnuss, weißen Blüten, Birne, Lack, Vanille, gelber Pampelmuse, Nektarine.
Am Gaumen nussig muskatiger Auftakt, Vanille, leichter Kaminrauch, Speck, reife weiße Früchte, Akazienhonig, abgerundet mit filigraner Säure.
Im mittleren Nachhall schöne Frucht verbunden mit nussig toastigen Noten

Speisen:
Rösti mit Kalbsgeschnetzeltem und Roter Bete; Wolfbarsch mit Weißweinschaum, Forellenkaviar, Kapuzinerkresse, Erbsenpüree; Maispoularde mit Spinat-Füllung, Morchelsauce, Selleriepüree

 

 

2016 Riesling Alte Reben ‚Edition Jancis Robinson‘
Weingut Maximin Grünhaus, Mosel
Spontanvergoren

Leichtes Petrol in der Nase, abgelöst von Weinbergspfirsich, Orangenceste, Schiefer, kräutrig, Waldmeister, Sternfrucht, grüner Apfel.
Schmelziger Auftakt am Gaumen mit viel reifem Pfirsich, mineralisch, gut eingebundene aber präsente Säure, zitrisch, mündend in kräutrigen Noten.
Im mittleren Nachhall leichter Firn mit gutem Frucht-Säure-Spiel.

Speisen:
Thai Curry vom Huhn mit Bambus, Sprossen, Kaiserschoten, Schwarzem Reis;  Sushi; Sardinen vom Grill mit Sauce Verte und gebratene Garnelen in Chili Öl mit Oliven Ciabatta

 

2016 Blaufränkisch Hochberg ‚Edition Ruth Moschner‘
Weingut Ernst, Mittelburgenland
Spontanvergoren im 500l Holzfass ausgebaut
Der Wein braucht Luft und Zeit!

Nase eröffnet mit schwarzem Pfeffer, Cassis, Heidelbeere, Zigarrenkiste, getrockneten Pflaumen, Zimt, Kakaopulver, Veilchen, Süßholz, Minze.
Leicht gerbig am Gaumenauftakt, gefolgt von feiner Säure, abgelöst von Roten Beeren, Minze, Kräuter, Kakao, Pfeffer.
Im Nachhall dominiert frische Säure verbunden mit leicht kräutrigen Noten und gerbigem finish.

Speisen:
Schweinefilet mit Backpflaumensauce und Topinambur; Penne mit Kalbsragout und Estragon; Kräftige Wurst- und Käsesorten, marinierte Pilze, Tomaten Schmand, Landbrot

 

 

 

The Human Wine. Flaschenpost der Menschenrechte.

Hier geht es zur sehr informativen liebevoll gestaltete Homepage

Hier geht es zur Bestellung der Weine bei wine in black

Rechte der Flaschenfotos bei wine in black
Gestaltung der Etiketten durch Timo Wentzel und Marcus Dytrich

 

5 Kommentare zu “The Human Wine

  1. Donnerwetter! Da bricht plötzlich das ganze Leben beim Entkorken der Weinflasche mit all seinen Widersprüchen und Ggensätzlichkeiten über uns herein, die Welt, wie sie ist und wie sie auch beim Genuß einer edlen Rebe nicht einfacher wird. Alle Achtung, was „The Human Wine“ sich da vorgenommen hat! Es lohnt sich, bei diesem Projekt etwas länger zu verweilen. Wir wünschen allen Beteiligten den verdienten Erfolg!

  2. Einen tolle Idee, vielen Dank für den Bericht. Freundliche Grüße Sven Helmut Weller ( Nebenerwerbswinzer )

  3. Menschenrechte mal überhaupt nicht trocken. Die präzisen Verkostungsnotizen mit Essensvorschlägen machen großen Appetit!

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