Ein Mitbringsel ist zuweilen eine kleine Sache, die man sich bei einem Urlaub in die Tasche steckt, um sie zuhause an einem Lieblingsort aufzubewahren. Wie kleine Kieselsteine.
Ein Mitbringsel kann aber auch ein Gegenstand sein, wie Lampen und Geschirr, den man hinfort nutzt.
Ein Mitbringsel ist eine Erinnerung oder eine Fortsetzung des Erlebten.
Ein Mitbringsel kann auch haptisch sein. Dann ist es allerdings vergänglich.
Er ist schon eine kleine Weile her, mein Jahreswechsel auf Mallorca, der Insel, der seit endlosen Jahren mein Herz gehört. Noch länger ist es her, dass meine geneigten Leser etwas von mir erfahren haben.
Das sei bitte verziehen, da Ortswechsel und neue Arbeit doch einige Federn ließen.
Mallorca ist für mich in erster Linie nicht der Ort des Weingenusses, auch wenn sehr guter Wein dort wächst. Mein ganz privates Augenmerk liegt auf den Bergen, die ich mir wandernd erschließe.
Nichtsdestotrotz muss abends Essen her und manchmal gibt es Gäste, so wird die eine oder andere Flasche Wein geöffnet. Da ich den Wein nun nicht mehr selbst mitbringe, habe ich das Ilka Lohmann überlassen, die wunderbare Weine von der Insel importiert.
Ein anderer Reisender ist jedes Jahr am Rand der Pyrenäen fündig.
Thorsten Hammer, Priorat Weinhändler und Blogger
hat für mich Lieblingsweine ausgesucht.
Mitbringsel sind kleine Kieselsteine. Man kann sie in die Tasche stecken und später ins Regal legen.
Weine als Mitbringsel sind Entdeckungen für jeden Tag. Sie sollten nicht zulange ins Regal.
Und wer nun laut aufseufzt, weil er sich eine schöne Flasche Wein aus seinem Urlaubsort in das Gepäck geladen hat und dann zuhause feststellt, der schmeckt ganz anders, dem kann ich nur raten: lasst dem Wein und Eurer Sensorik Zeit. Der Wein schmeckt gleich, nur unsere Stimmung ist zuhause eine andere.
Was gibt es nun?
Weine aus Mallorca, die es zu ergründen gilt.
Und Weine des Priorats, die außerordentlich performen.
Mitbringsel. Kleine Kieselsteine am Weinhorizont.
Hier sind meine Funde. Mallorca versus Priorat in ausnehmend guter Verfassung.
Mallorca
2016 Manto Negra
Son Juliana, Mallorca
14% Vol., Ausbau im Tank und im amerikanischen und französischen Barrique, Flasche 2391 von gesamt 2732
Südlich von Santa Mari del Cami und westlich von Sencelles hat sich der Quereinsteiger Günther Zimmer 2013 aufs Weinmachen verlegt. Vorwiegend autochthone Rebsorten werden unterstützt von Cabernet Sauvignon. Das 7ha große Weingut wird von einem Team aus Mallorquinern und Deutschen geführt.
2016 Kellerneubau, der sich von Seiten der Architekten Munarq auf drei Pfeiler des Begriffs „Terroir“ stützte: Produktion, Lage und Klima.
Na, wenn ein Weingut meinen Namen trägt, da ist ein Besuch wohl alsbald Pflicht.
Vorerst bleibt es bei der Verkostung
Tabak, Kaminrauch, Heidelbeere, reife Brombeere, Espresso, Teer, Flieder, grüne Walnüsse, Zimtstangen eröffnen die Nase
Kräftiger Säureauftakt am Gaumen, abgelöst durch weiche rote Beeren, Heidelbeergelee, Süßkirsche, kräutrig, Tabak
Im Nachhall lang und sehr elegant, etwas kühl, die Frucht verbunden mit sanften prägenden Tanninen, rauchig, Finish von Tabak und Zartbitter
Eleganter kühler langer Wein. Braucht Luft. Eher untypisch für die Insel und genau deswegen spannend.
Speisen
Sauerbraten mit Rosinen und Polenta; Kaninchen mit Rosenkohlpüree und kandierten Schalotten; Dorsch im Speckmantel, Trüffelbutter, gebratene Kartoffelecken, Romanesco; Paella
2013 Tinto dos
Merlot, Syrah, Callet, Pinot Noir
Can Axtarell, Mallorca
14% Vol., Ausbau 12 Monate in französischem Barrique, 1 Jahr Flaschenreife
Ein Weingut quasi vor der Tür meines Domizils. 1997 kaufte Hans-Peter Schwarzkopf das Anwesen im Tal von Campanet in unmittelbarer Nachbarschaft des berühmtesten Mallorca Deutschen Peter Maffay. Aber anstatt den Plänen der Vorbesitzer zum Hotelausbau und damit der Zerstörung des Tals zu folgen, lässt Schwarzkopf im Jahr 2000 erste Reben seiner Lieblingssorte Pinot Noir anpflanzen. Beraten von der Balearen Universität in Palma und unter Leitung der Önologen Joan Manuel Ochogavia und Guillem Vanrell werden darüber hinaus autochthone Rebsorten angepflanzt. Im Jahre 2016 ist nach fast 13 Jahren der Kellerneubau, der sich in einen Steinbruch schmiegt, fertig gestellt. Durch Zukauf von Rebflächen in Vilafranca soll das 37ha große Weingut auf 55ha anwachsen. Biologischer Anbau, Anwendung der „Mètode Gravetat“ und lange Reifezeiten sind wichtige Merkmale der Bodega.
Verkostung
In der Nase Jod, Kaminholz, Graphit, Teer, schwarzer Pfeffer, Espresso, Tannenzapfen, Orangenceste, Cassis, Lakritz
Am Gaumen eröffnen Cassis und Dörrpflaume mit etwas Espresso, sehr gerbig, gefolgt von Lakritz und Nougat
Kräftige Tanninstruktur im Nachhall mit Noten von Süßkirsche, Lakritz, Hagebutte und Zartbitter
Sehr kräftig, dabei sehr lang und weich. Ein Muss für Freunde des Tannins.
Leider wenig Alterungspotential.
Speisen
Entrecôte mit Kartoffelgratin und Tomatenragout; Lammkotelette mit Sauce Choron, überbackenen Gnocchi, Zucchini
2015 CUP
Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Tempranillo
Son Prim, Mallorca
14,5% Vol. Ausbau 12 Monate in amerikanischer, französischer, ungarischer Eiche.
Versteckt zwischen Inca und Sencelles führt Jaume Llabrés das Zepter über sein 8 ha großes Familiengut. In den 1990er Jahren begann der Restaurator antiker Möbel, dem die Arbeit unter freiem Himmel fehlte, die familieneigenen Rebzeilen in Sencelles neu zu bepflanzen. Seit 2003 existiert das Weingut, welches sich 2004 mit dem Kellerneubau ausreichend Platz schaffte. Beraten von Alain Bramaz und Toni Bucher ist es das Anliegen des Guts, aus internationalen Rebsorten mediterranen Geschmack zu keltern.
Verkostung
Teer, Tabak, Cassis, Kaminrauch, schwarzer Pfeffer, Liebstöckel, Wacholder, Nelken, Lakritz, Rumtopf, Sternanis in der Nase
Am Gaumen weicher Auftakt von Tabak, Bitterschokolade, Espresso, Rumtopf, Nougat, Brombeergelee,
auskleidende weiche Tannine, üppiges Mundgefühl
Im langen weichen Nachhall fast cremige Konsistenz, ausgewogene Tannine mit Beerenfinish, Nougat und Würze
Der Alkohol sticht anfangs etwas heraus. Man sollte den Wein leicht kühlen. Perfekt in seiner Struktur und vielseitig. Einzig die Flaschenform macht das Ausgießen schwer.
Speisen
Geschmorte Ochsenbäckchen mit gebratenen Thymiankartoffeln, Kürbisgemüse; Hirschragout mit Preiselbeersauce, Bandnudeln, geschmortem Römersalat; Rinderfilet mit Kräuterkruste, Ratatouille, Speckpfannkuchen
Priorat
2016 Mas dels Estels
85% Granacha, 15% Samso´(Carignan)
Mas dels Estels, Bellmunt de Priorat
15,5% Vol., Ausbau im Stahltank, 5000 Flaschen, erster Jahrgang
Die Familie Redondo-Barba kaufte hier bereits 1999 4 ha Rebland. Bereits beim ersten Besuch im Priorat verliebten sich der ehemalige Industrie Ingenieur und die Marketingexpertin (beide im Ruhestand) in dieses Paradies. Sie wussten sofort, dass sie hier ihre Beschäftigung fürs Alter finden. Und sie begannen, alles über Wein und das Wein machen zu lernen. Das Projekt, übersetzt „Haus der Sterne“, ist für sie wie ein eigenes gemeinsames Kind, mit Liebe und Leidenschaft wollen sie es wachsen und gedeihen sehen.
Verkostung
Reiche Nase von Dörrpflaumen, Graphit, Teer, Espresso, Garrigue Kräutern, Beerenkompott, Marzipan, Wacholder, Liebstöckel, Nelken, Zimt
Gaumenauftakt mit kräftiger Adstringenz, Sauerkirsche, Holunder, Heidelbeere, Espressopulver, Zimt, Schiefer, kräutrig, prägende Tannine, Kaminrauch
Im langen Nachhall prägende, ausgewogene Tannine mit Cassisnoten im Hintergrund
Der Wein braucht Zeit. Sehr elegant, sehr gerbig. Die Frucht im Hintergrund dennoch präsent.
Speisen
Rinderrouladen, geschmort mit roten Zwiebeln und Karotten, Selleriepüree; Rosa gebratener Hirschrücken, Steinpilz-Petersilien-Ragout, Rösti
2017 Irur
Garnacha
Arenys de Lledó, Vicaria Vins
15,5% Vol., Ausbau in der Amphore, Flasche 348 von 932
Ein kleiner, aber hochfeiner Familienbetrieb, der seit dem Jahr 2003 mit im Rennen ist und lange nur zwei Weine produzierte. Beide Rote haben sich weit nach vorn in die Gebietsspitze katapultiert und sind dabei heute noch preisliche “Underdogs”, die in Blindproben auch gegen deutlich teurere Weine bestehen. Jaume Roca’s Weine gehören zu den Besten im Montsant. Und wer je die Aussicht voneiner der drei Grenache Parzellen über das Priorat genossen hat, der weiß, was wahrhaft spektakulär ist…
Daneben gibt es inzwischen eine ganze Reihe spannender Microcuvées.
Irur bedeutet „3 Dinge“ in der Sprache der Iberer. In einem kleinen Dorf im Terra Alta sollten in einem Projekt 3 Dinge vorgestellt werden: Wein, Keramik und Poesie. Jaume Roca kreierte dafür diesen neuen Wein.
Verkostung
Cassis, Teer, Stall, nasses Laub eröffnen die Nase, Espresso, Teer, schwarzer Pfeffer, Kaminrauch, Graphit mündend in Pflaumenkompott, Brombeere, Lakritz
Weicher Gaumenauftakt mit Rumtopf, Brombeergelee, Zimt, Zartbitter, Orangenceste, Tabak, sehr beerig mit auskleidenden weichen Tanninen, weiches Mundgefühl
Im langen Nachhall samtig, üppige Frucht, spürbarer Alkohol, lange weiche Tannine
Dieser Wein ist ein Aromenwunder. Er braucht leichte Kühle und Gewürze im Essen. Eine Entdeckung.
Speisen
Ochsenschwanzragout, Preiselbeersauce, geschmorter Chicorée, Serviettenknödel;
Filet vom Lamm, Pfeffersauce, Rote Linsen, Polenta; Geschmorte Rinderhüfte mit Süßkartoffel-Sticks, Schokoladensauce, Wirsing
2014 Olim
90% Carignan, 10% Cabernet
Bodega Trosset, Porrera
14%. Vol., 12 Monate Barriqueausbau, einzeln, dann Verschnitt
Die beiden jungen Duran Brüder, von denen einer zunächst bei Marco Abella war und heute bei Mas d´en Gil, der andere bei Cims de Porrera arbeitet, besitzen einen 2 ha großen Costers Hang in der Gemarkung Porrera an der Straße nach Torroja. Bestockt ist er zu 33% mit Cabernet Sauvignon, 33% altem Carignan, 12% jungen Grenache, 9% altem Grenache, 7% Syrah und 6% Merlot. Man erntet im Schnitt 450 – 500 g pro Rebstock. Einen zweiten Weinberg besitzen sie im Tal des Cortiella Flüsschens. Es wird biodynamisch und unter strenger Beachtung der Mondphasen gearbeitet. Die Sorten werden getrennt vergoren und dann verschnitten. Diego Duran ist auch für die Kellerarbeit des Kleinstprojektes verantwortlich, welches sich mit den Jahren schön entwickelt hat.
Verkostung
In der Nase zunächst Teer, kalter Kaminrauch, Espresso, schwarze Oliven, Graphit, gefolgt von Brombeere, Liebstöckel, Brennnessel, Jod, Kakaopulver
Fruchtfülle am Gaumen, Rumtopf, Kakaopulver, Zartbitter, Pfeffer, Asche, Gewürzstrauss, leichte Adstringenz bringt Frische
Der lange Nachhall präsentiert sich zunächst gerbig mit viel Graphit, münden in rauchige Noten und Brombeerfinish
Mag die Länge und Ausgewogenheit des Weins den Jahren der Reife geschuldet sein. Sie ist beeindruckend.
Dieser Wein ist preislich und an Ausdruck kaum zu toppen!
Speisen
Surf&Turf vom Rinderfilet mit Koriandergarnelen, Topinambur, Chips von Violett Kartoffeln; Gegrilltes Entrecôte mit Cafe de Paris Butter, geschwenkten Pilzen, gerösteten Salbei Kartoffeln
Mitbringsel. Kleine Kieselsteine am Weinhorizont.
Bezugsquellen
I/L Casa. Wine. Living. Events
2016 Manto Negra, Son Juliana € 18,90
2013 Tintos dos, Can Axartell € 19,95
2015 CUP, Son Prim € 17,90
2016 Mas dels Estells € 16,00
2017 Irur, Ficaria Vins € 20,00
2014 Olim, Bodegas Trosset € 24,00
Die Texte zu den Priorat Weinen habe ich mit freundlicher Genehmigung des Autors seinem Priorat Hammer entnommen.
Die WeinPlanerin. Wein und Speise. Korrespondierend oder Konträr.
Als Mallorquiner, der seit 20 Jahren auf der Insel lebt und arbeitet, muß ich mich für diesen schönen Blog ausdrücklich bedanken! Mallorca ist immer noch gut für Überraschungen und Entdeckungen, die das Leben bereichern.
Das ist ein eindrucksvoller Ausflug zu unseren Weinangeboten, den schönsten kulinarischen Schöpfungen unserer Erde. Schon die Etiketten der Flaschen sind eine Kunstausstellung vom Feinsten! Die Inhalte könnten nicht besser in Worte und Begriffe gefaßt sein! Schön, daß „Einfach Wein“ wieder da ist. Auf ein gutes und ertragreiches Jahr!
Danke Klaus für diese guten Worte. Ja, ertragreich darf das Jahr nach allen Turbulenzen im letzten gerne sein!
Ein interessasnter Einblick in eine sonst im Qualitätsbereich bei uns weniger wahrgenommene Wein-Szene!
Danke, Stefan Krimm, die Winzer machen wirklich schöne Sachen in diesen beiden Enklaven….
Sehnsucht im Herz und im Gaumen nach diesem Beitrag an diesem regennassen schmudeligen Berliner Samstag. Und kein Mallorquiner im Weinregal das Verlangen etwas zu mildern. Dank Dir dafür – wir werden spätestens Weihnachten verkosten!
Na sehen wir mal zu, dass sich die Weinregale noch vor Weihnachten füllen….
Und ja, sie bleibt ein Sehnsuchtsort….die Insel…
schöne Verkostungsnotiz
Danke…Es sind auch tolle Weine