Mosel im August
Seit einigen Jahren gehöre ich zu einer Schar Freiwilliger, die jedes Jahr im August an die Mosel reist, um dort mit anderen angereisten Helfern und weiterer Familie drei Nächte und zwei Tage auf einem der vielfältigen Straßenfeste der Gegend Wein auszuschenken. Wer das nicht erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, wieviel Arbeit in der Vorbereitung seitens des Winzers steckt. Und wieviel wir Helfer dort so wegarbeiten, trotz allem Spaß, den wir da haben. Es sind lange Tage und Nächte. Und doch ist es mir zur lieben Tradition geworden. Wir sind ein funktionierendes Team, auch wir uns nur einmal im Jahr treffen. Wir kennen uns in gewisser Weise ebenso wie viele unserer Gäste. Es ist ein wenig wie nach Hause kommen. Einmal im Jahr.
Samstag braucht man mich tagsüber nicht. So kann ich einen lang gehegten Wunsch verwirklichen. Ich mache mich auf zu einem Gourmet Menü in besonders schönem Ambiente.
Allein die Fahrt von Bernkastel nach Traben-Trarbach lässt mein Herz ein wenig höher schlagen. Die Steillagen an denen die Straße vorbeiführt, sind imposant. Der Weg ist verschlungen, das Tempo langsam. Viele Busse, Motorräder, andere Touristen, die weniger fahren als schauen. Ich habe Zeit und genieße das Spektakel.
Jugendstil Hotel Bellevue in Traben-Trarbach
Bei einem meiner ersten Besuche an der Mosel habe ich dieses Kleinod entdeckt. Ein Hotel, aus reinstem Jugendstil und völlig erhalten. Erbaut 1903 auf den Grundmauern eines alten Fachwerkhauses. Unglaublich schön und einladend. Nicht zu erwähnen, dass es direkt an der Moselpromenade gelegen ist. Die Fassade und die Dachkandel sind eine Augenweide, noch mehr das Innere mit liebevoll restaurierten Details. Sehr schön auch die Hotelbar mit einem Wandgemälde, das aussieht wie von Toulouse Lautrec. Nun wollte ich erfahren, was die Gastronomie so kann. Ich nehme es vorweg und sage, dass meine Erwartungen übertroffen wurden.
Gourmetrestaurant „Belle Epoque“
Freundlicher Empfang und bestimmtes Lotsen auf die aus Stein gemauerte Terrasse. Leider servieren sie heute nicht im Restaurant, das durch seine wunderschöne Ausstattung und einem herrlichen Glasfenster besticht. Das wird mein einziger Wermutstropfen sein bei diesem Besuch.
Es ist Mittag und noch ruhig auf der Terrasse. Die Servicedame lässt mir Zeit. Sie strahlt große Souveränität aus. Weil ich für mich zwar sehr schön sitze, für sie aber ungünstig, bringt sie mit einem netten Kommentar kurzerhand Wasser und Brot von links an meinen Tisch.
Die Karte ist groß und klingt in allem sehr verlockend. Die Weinkarte ist umfangreich, hauptsächlich natürlich Mosel, ergänzt von Frankreich und einigen spanischen Raritäten. Schließlich wähle ich drei Gänge. Und nach kurzem Zögern auch die Weinbegleitung, auch wenn es Mittag ist.
Und dann beginnt ein Feuerwerk des Geschmacks.
Begleitet von souveränem sehr freundlichem Service.
Menü mit Weinbegleitung
Sauerteigbrot und Foccacia
Kräutercreme, Tomatencreme, Butte und Meersalz
Auf einen Apero musste verzichtet werden aufgrund der Tageszeit und Hitze
Tatar vom Taschenkrebs und Pampelmuse
Avocado, Mandeln, Bergamotte Schaum, Krustentiersauce
2016 Riesling Monopol feinherb, Maxim Grünhäuser, Ruwer
Warm geräuchertes Schottisches Lachsfilet
Limetten-Kartoffelstampf, Rahm Rettich, Bärlauchöl, Kaviar-Nage
1998 Riesling Auslese trocken, Kövericher Laurentiuslay, Weingut Simon Hoffmann, Piesport
Rosa Gebratenes von der Hunsrücker Rehkeule
Pfifferling, Gnocchi, braune Butter, Salbei, Dörrtomaten
2016 Muschelkalk (Chardonnay, Grau- und Weißburgunder, Viognier), Weingut Rinke, Südmosel
Gebäck
Espresso
Kommentare zu den Gängen und den Weinen
Der Auftakt mit frischem Sauerteigbrot und den unterschiedlichen Cremes stimmt fröhlich. Ich halte mich jedoch besser ein wenig zurück.
Die Vorspeise ist angerichtet im ausgehöhlten Panzer des Krebses auf einem Salzsockel. Das ist witzig, leider hat es den Nachteil, dass man beim Fortschreiten des Essens in den Tiefen des Panzers die Sauce verliert. Und der Verlust eines einzigen Tropfens ist eine Sünde. Das zarte Fleisch des Krebses verbindet sich gut mit der saftigen Pampelmuse. Neben Mandeln und Avocadostückchen finden sich grüne Tupfen, die sich als Avocadocreme herausstellen. Der Bergamotte Schaum wird unterstützt von einem Krustentier Schäumchen, was eine leicht nussige Note produziert. Kleine Passe-Piere Stile vervollkommnen das Bild.
Der feinherbe Riesling, welcher mit Aromen von gelbem Pfirsich und saftigem Apfel beginnt, wird im Zusammenspiel mit dem Gericht frischer. Die leichte Restsüße konterkariert angenehm die Pampelmuse.
Der Zwischengang wird als kleines Kunstwerk serviert. Zwar sind Türmchen in der Anrichteweise jetzt nicht neu, aber dieser Teller ist eine Augenweide. Auf einem Kartoffelstampf Sockel sitzt als rechteckige Schnitte der Lachs. Und obenauf der Rettich zu Spaghettistreifen gedreht. Umrahmt wird das Bild von einem weißen Schaum mit Kaviarperlen, der wiederum außergewöhnlich gut ist, unterstützt vom Bärlauchöl. Das gut geräucherte Lachsfilet mit seiner krossen Haut ist köstlich. Ebenso fein das zart limettige Püree, der leicht al dente gekochte Rettich eine stimmige Ergänzung.
Auch hier ist Liebe zum Detail. Passe Pierre findet sich erneut auf dem Gericht und weiße leicht krosse Mini Kügelchen, die sich als getrockneter Quinoa herausstellen.
Zu diesem Gericht hat die Sommelière eine 1998er Riesling Auslese gewählt, die sich im Glas zunächst mit gereiften Noten und etwas Firn präsentiert. In Verbindung mit den Räuchernoten des Lachs und der feinen Limette im Kartoffelstampf verändert der Wein seine Aromatik und wird weich und nussig.
Wie oft habe ich selbst in meinen Menüs diese Kunst der Veränderung den Gästen nahezubringen versucht. Und nun wird es hier für mich zelebriert. Ein weiterer Genußbaustein.
Der Hauptgang ist nun in Kreisform angerichtet. Drei rosa Medaillons vom Reh mit rosa Pfeffer werden wie leicht dahin geworfen von den Gnocchi, winzig kleinen zarten Pfifferlingen, Tupfen von Selleriepüree und hauchdünnen Streifen von getrockneten Tomaten und Kerbelblättchen umringt. Hier mischt sich die Salbeibutter in eine Art Jus und bildet einen sehr zarten Saucenkontrast zum butterweichen Reh. Die Pfifferlinge sind ein Hochgenuss und die Gnocchi außergewöhnlich cremig.
Ich hatte um eine weiße Weinbegleitung gebeten, denn es ist Mittag und die Temperaturen liegen schon bei 30 Grad. Und auch hier werde ich wieder aufs angenehmste überrascht. Die Burgunder Cuvée von der Südmosel eröffnet am Gaumen mit Noten von Mango, Ananas und Birne, ist in der Mitte sehr mineralisch und bildet damit ein gutes Gegengewicht zu den Gnocchi. Im Nachhall wird der Wein sehr cremig und breit und begleitet Reh und Pilze ausgezeichnet. Es ist ein Fest.
Die Gänge sind reichlich in Ihrer Portionierung, so bleibt kein Platz mehr fürs Dessert. Zum doppelten Espresso kommt eine Schale mit Gebäck. Ein Mini Schokoladenküchlein mit Fruchtpüree erfreut mich als süßen Abschluß.
Fazit
Alles hier ist auf einem hohen Niveau, geschmacklich von großer Vielfalt. Jeder Teller ist eine kleine Entdeckungsreise. Die Saucen jedoch sind zum Niederknien. Ich möchte mich bei Matthias Meurer, dem Küchenchef und seinem Team dafür bedanken.
Die Weinbegleitung war, wie ich schon schrieb, sehr gut bedacht, wissend präsentiert, mit schönen Überraschungen.
Ich werde an einem Abend in einer kühleren Jahreszeit wiederkommen, um mehr Gänge und auch Rotwein in der Weinbegleitung genießen zu können.
Eine besondere Hochachtung möchte ich der Restaurantleiterin und Sommelière Kassandra Kuntzsch aussprechen. Ihr umfassendes Fachwissen sowohl in Bezug auf ihre Weine als auch die Details der Gerichte, gepaart mit einer Prise Humor und Gelassenheit trotz Hitze und vielfältiger Touristenwünsche haben mich sehr beeindruckt.
Ich wünsche dem Hotel Bellevue und dem Restaurant „Belle Epoque“ allzeit neugierige Genießer.
Hier geht es zum Jugendstilhotel Bellevue
Preise
4-Gang Menü € 85,00
Á la carte € 10,50- € 35,00
Weinbegleitung pro Gang € 6,00
Hotelzimmer für 2 Personen € 140,00- 330,00
Ich danke dem Hotel Bellevue für die Überlassung Ihrer Fotos.
Fotograf Restaurant : Reinhard Reinders
Fotograf Aussen und Jugenstil Details: Petra Stüning
Die WeinPlanerin. Wein und Speise. Korrespondierend oder Konträr.
Erlesene Genüsse im Jugendstildekor. Eine stehende Ovation für dieses Fundstück.
Danke für den Applaus.
liebe juliane,
und wieder hab ich s nicht nach maring geschafft – das piemont kam dazwischen…
neidisch hab ich deinen bericht gelesen – das bellevue kenn ich – leider nur von aussen
und nehme mir seit langem vor mal in meinem lieblingsstiel zu übernachten…
danke für deine sehr lebendige beschreibung; und dass zur mittagszeit mir wird ganz blümerant 🙂
alles liebe
harald
Harald, das nächste Mal gehen wir dann gemeinsam hin. Dann bekomme ich auch bessere Bilder…Mittags essen geht sehr gut.
Das klingt wunderbar, liebe Juliane! Ich habe Lust, sofort an die Mosel zu fahren und in dieses Restaurant zu gehen!
Es ist in der Tat eine Reise wert. Sehr stimmig….!