Gut Purbach. Pannonische Entdeckungstour.

Pannonien

Der Neusiedlersee in Österreich ist bekannt für seine Ansammlung erstklassiger Weingüter.
Die Gegend rund um den Neusiedlersee, der mir immer wie ein kleines Meer vorkommt, nennt sich Pannonische Tiefebene.

Das offizielle österreichische Tourismusportal beschreibt das wie folgt.
Zitat: „Der größte Teil der Pannonischen Tiefebene liegt in Ungarn. Sie wird von den Alpen, den Karpaten, dem Balkan und dem Dinarischen Gebirge umfasst und von Donau und Theiß durchflossen. In Österreich ist das Nordburgenland, insbesondere der Neusiedler See mit dem Seewinkel, Teil Pannoniens. Charakteristisch für dieses Tiefland ist sein relativ trockenes Klima mit heißen Sommern, nicht zu kalten Wintern und viel Sonne – das Burgenland mit über 300 Sonnentagen im Jahr hat sich sogar den Beinamen „Land der Sonne“ gegeben.“

Es reifen hier zur Höchstform vor allem die roten Sorten Blaufränkisch und St. Laurent, von einigen internationalen Rebsorten abgesehen. Aber auch Chardonnay und vereinzelt Weißburgunder und Grüner Veltliner fordern Aufmerksamkeit.
Und wer Süßweine liebt, der kennt besonders das Städtchen Rust. Und seinen Ruster Ausbruch.
Das sind Dessertweine im Beerenauslese Format geadelt von Edelfäule, die Nebel und Klima des Sees ermöglichen. Vergleichbares gibt es in guten Jahren vor allem an der Mosel und in Württemberg. Doch der Ruster Ausbruch ist genauso berühmt wie der französische Sauternes.

 

Rund um den Neusiedlersee

Wo Wein wächst, da siedelt auch gute Gastronomie. Und so braucht es bei Egon keine lange Überzeugungskraft, um ihn zu einer kleinen Pannonischen Entdeckungstour  zu bewegen.

Ein Samstag im März. Erste Sonnenstrahlen verheißen Frühling. Es ist kurz vor Ostern. Die Ausflugslokale am See sind großenteils geschlossen. Wir wundern uns über diese Lethargie.

Aber die örtliche Vinothek, das Weinkulturhaus in Gols, hat offen und lädt zum Verkosten von 400 Weinen der 100 ansässigen Winzer ein. Gegen einen kleinen Obulus, welcher beim Kauf dann wieder verrechnet wird.

Ein aufwändig liebevoll gestalteter zweistöckiger Verkostungs- und Ausstellungsraum macht Laune.
Ich koste mich kurz durch einige Weine, da die Vinothek gleich schließt, ist das nur ein Ausprobieren. Ich muss wiederkommen. Am besten ohne Egon, denn er stellt mir jetzt zu viele Fragen. In Ruhe mit meinem Verkostungsbuch.

Wir haben Pläne und so fahren wir weiter, ein wenig abseits vom See in Richtung Leithagebirge.
Dort liegt das Örtchen Purbach mit dem gleichnamigen Gut. Das Ziel unserer Reise.

 

Gut Purbach

Ein altes Gutshaus mit zauberhaftem Innenhof empfängt uns. Liebevoll restauriert und im Inneren sehr klar und modern gestaltet.

Und nun beginnt, was uns bis in den nächsten Tag geleiten wird. Aufmerksame Herzlichkeit.
Das kleine Team um Inhaber und Küchenchef Max Stiegel umsorgt mit Sachverstand und sehr persönlicher Note. Man kennt uns schon, das liegt nun allerdings daran, dass wir die einzige Anreise sind und bei 5 Doppelzimmern lässt sich der Überblick behalten.

Die Zimmer sind die nächste Überraschung. Sie sind gegenüber des Restaurants in einer Art altem Wirtschaftsgebäude. Jedes der Zimmer ist individuell anders gestaltet. Und besticht durch enorm hohe Räume. Darin verbunden sind moderne Elemente mit altem Mobiliar und einem stattlichen Kronleuchter. Das Bad, ein luxuriöser Tanzsaal. Hier lässt sich bleiben.

 

 

Max Stiegel

2007 übernimmt Max Stiegel das Restaurant im Gut Purbach. Inhaber Hans Bichler, der das Gut von Grund auf renoviert und sich auch um die knapp 4ha Reben kümmert, steht bis heute an seiner Seite und ist eine Art Mentor für ihn geworden.

Das Restaurant wird schnell überregional hinaus bekannt. Nicht zuletzt weil Stiegel ein ganz besonderes Augenmerk in seiner Küche hat: Innereien.
Dazu kommt eine Hingabe zum Regionalen und ein sehr aufwändiger liebevoller Küchenstil.

2010 macht eine Film-Doku des Foodhunters  Anthony Bourdain über Stiegel bei der Schlachtung eines Lammes diesen über Nacht weltweit bekannt.

2016 wird das Gut zum ersten Mal im Falstaff als No. 1 im Burgenland prämiert.
2017 muss es sich den Preis allerdings teilen.

2017 erscheint auch eine Sonderausgabe im Falstaff über Max Stiegel und seine Küche.
Sehr lesenswert.

Bei unserem Besuch werden gerade die Gerichte für sein neues Kochbuch fotografiert.
Man sieht, der Küchenchef und Inhaber ist sehr rührig.
Und findet darüber hinaus auch noch Zeit für persönliche Worte an den Tischen.

 

Abendmenü mit Weinbegleitung

Vorab möchte ich mich bedanken. Bei einem kleinen feinen Team, das souverän 40 Plätze managte, vom 10er Geburtstagstisch über Geschäftsessen bis zu den Zweiertischen mit Weinbegleitung und Überraschungsgängen im Falle von Egon und mir. Besonders der Maître bereitete uns einen Ausnahmeabend, da er unsere Freude an den Gerichten lesen konnte, aber auch unseren Respekt vor einem durchgängigen Innereien Menü verstand. So schlug er eine Mischung des Menüs vor teilweise pro Gang dann auch mit unterschiedlichen Gerichten. Es scheint, als mache das dem Team in Gut Purbach Spaß. Aus lauter Übermut gab es dann auch noch einen Überraschungsgang. Das alles gekrönt von einer außergewöhnlichen sehr genussvollen Weinbegleitung.

Am nächsten Morgen beim Frühstück wird uns die gleiche Mannschaft wieder begegnen.
Ich bin beeindruckt, denn ihre Nacht muß kurz gewesen sein.
Der Maître hat auch noch Zeit für einen kleinen Plausch. Er scheint hier sehr zu Hause zu sein.
Diese Verbundenheit mit dem Gut trägt zu einem einzigartigen Gesamteindruck bei.

Aufmerksame Herzlichkeit. Verbunden mit einem eigenen Stil in Küche und Keller.

 

Hier ist das Menü

Ameuse
Grüner Veltliner Sekt, Weingut Kloster am Spitz, Purbach

Kroisbacher Zander
Sellerie. Gurke. Melanzani.
2016 Terrassen Federspiel, Domaine Wachau

Pannonische Fischsuppe
Pannonischer Safran. Paprika. Speck. Ingwer. Linsen. Zander
2014 Leithaberg weiß, Gut Purbach
und
Pilzcremesuppe
Scheiben von Champignons. Wildhase.
2016 Wild & Free Gelber Muskateller, Weingut Wenzel, Rust

Langusten Risotto
2015 Muschelkalk, Cuvée aus Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder, Kloster am Spitz, Purbach

Kalbskutteln serbisch aus der Tajine
Bohnen. Paprika. Paradeiser
2015 Anadjucka Grüner Veltliner, Weingut Andert, Pamhagen
und
Ziegenherz
Zitrone. Pastinake. Knoblauch.
2009 Neuburger Kurzberg Freiheit, Weingut Heinrich, Gols

Kartoffelknödel
Grieben. Weißweinschaum.
2012 Traminer Reserve, Weingut Markus Altenburger, Jois

Skrei
Pannonischer Reis. Fenchel. Safran
2015 Chardonnay Reserve, Gut Purbach

Gefüllter Rostbraten
Galloway Beiried. Salzgurken. Polenta
2012 Syrah Felsen II, Weingut Christian Tschida, Illmitz

Cremeschnitte
2015 Ruster Ausbruch, Feiler Artinger, Rust

 

Hier sind einige Kommentare zu ausgewählten Gängen

Um es vorweg zu sagen. Zu viele Eindrücke mahnen mich zur Begrenzung.
Es war ein exzellenter Abend in lockerer fröhlicher Atmosphäre.

Großzügige teilweise auch experimentelle Weinbegleitung zauberte Höchstgenuss.

Es gibt in jedem Gericht unendlich viel zu entdecken. Max Stiegel tupft gerne pürierte Bestandteile oder kleine Chutneys auf seine Teller. Zur Zeit unseres Besuchs schien es, als habe er eine Vorliebe für Speck in den Gerichten.

Der Zander im ersten Gang war eine Art Tatar, Sellerie und Gurke Sauen. Köstlich.

Ich entdeckte meine Einlage in der Suppe erst durch Egons Intervention, denn ich war so beschäftigt, die Cremigkeit der Suppe mit den geraspelten Pilzscheiben zu genießen. Die Pannonische Fischsuppe würde ich zum einem Muss erklären. Einzigartig in Konsistenz und Geschmack.

Die Kutteln in sämiger Tomatensauce hatten einen zitrischen Geschmack, waren butterweich und wurden in einer Tajine serviert, die so heiß war, dass die Kellner Mühe hatten, sie ohne Fingerzucken an den Tisch zu bringen. Mein erstes Mal Kutteln war zum Niederknien.

Das Ziegenherz war von dunkler sehr zarter Konsistenz. Ein völlig neuer sehr interessanter Geschmack.

Der Knödel mit den Grieben war ein Überraschungsgang und mit seiner sämigen Sauce zu den krossen Grieben ein Gedicht.

Der Grüne Veltliner Federspiel von der Domäne Wachau war ein sehr  gelungener Auftakt.

Ebenso der Winzersekt von Thomas Schwarz. Frische schöne Perlage.

Ein Höhepunkt in der Weinbegleitung war der spontanvergorene Grüne Veltliner vom Weingut Andert zu den Kutteln. Ein Hauch von „Orange“, aber die Struktur des Weines deutlich erkennbar.

Ebenso der Chardonnay Reserve vom Hauseigenen Gut. Etwas toastig untermalt von frischen Noten von Orangenceste.

Beim Rostbraten, der sich als Mini Roulade darstellte, waren Konsistenz und Sauce butterweich und wurde durch den samtigen Rotwein wunderbar ergänzt.

Und das Dessert mit Ruster Ausbruch ließ uns dann völlig zufrieden zurück.

 

Max Stiegel nennt seine Küche „Mein Pannonien“.
Es lohnt sich, im Gut Purbach auf Pannonische Entdeckungstour zu gehen.

 

Hier geht es zum Gut Purbach

Preise
4-Gang bis 8-Gang Menü € 62,00 – 102,00
Weinbegleitung € 90,00 – 159,00

Hotelzimmer € 195,00- 295,00 für 2 Personen inkl. Individuellem Frühstück

Ich danke Max Stiegel für die Überlassung der Nutzung der Fotos
©Luzia Ellert
Besonderen Dank an Maitre Herrn Dir. Lazlo!

 

Die WeinPlanerin. Wein und Speise. Korrespondierend oder Konträr.

8 Kommentare zu “Gut Purbach. Pannonische Entdeckungstour.

  1. Panonische Entdeckugstour mit Julianes „EinfachWein“ – es gilt, die Wunderwelt des Weins am Neusiedler See zu entdecken. Eine überaus genußreiche Offenbarung kulinarischer Köstlichkeiten. Der Blog ist Zeile für Zeile ein Gedicht.

    • Danke, Klaus! Es gilt vor allem, die Schönheit der Gegend und natürlich des Gutes zu entdecken.

  2. Grüner Veltliner Sekt – klingt interessant, habe ich noch nie getrunken (den Wein selber natürlich schon und auch recht gern). Wie war der Sekt?

  3. Liebe Juliane,
    nach der Wachau steht die Weingegend rund um den grossen See ganz oben auf meiner Liste,
    insofern ist Dein (leider erst jetzt entdeckter) – wie immer wundervoller Bericht ein Ansporn
    endlich hinzufahren… Danke für dieses sehr lustmachend geschriebenen Reise- und Verkostungsfeuerwerk.

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