Ostergeschichte. Weinrallye #109.

Meine etwas andere kulinarische Ostergeschichte

Als gebürtige Protestantin, in strenger Tradition aufgewachsen, war es für mich unvorstellbar, an Ostern zu arbeiten. Am Karfreitag, wohlgemerkt dem Höchsten Feiertag der Protestanten, wurde keine Musik gespielt, Lachen und Singen war verboten. Irgendein dahingekochter Fisch wurde gereicht. Und alle warteten auf den Samstag und die Osternacht. Denn nun wurde das Leben wieder bunt und laut. Die Schokoladeneier durften sich in Schalen stapeln, alle halfen dabei, den Sonntag zu einem kulinarischen Höhepunkt werden zu lassen. Lamm war bei uns noch nicht so angesagt. Wir hatten meist Kaninchen. Und Silvaner, egal ob das passte oder nicht, denn schließlich lebten wir in Franken.Ostergeschichte

Es war mir also unvorstellbar, an Ostern zu arbeiten.
Bis ich Gastronomin wurde. Da gehört ja Ostern zur umsatzstärksten Zeit. Die Gäste haben Muse und entspannte Laune. Das ist besser als Weihnachten. Denn die Gäste sind auch offen für Weinbegleitungen im Menü. Irgendwie ist an Ostern niemand gestresst. Das ist sehr schön. Das Ende der Fastenzeit lässt viele besonders erfreut auf einen kulinarischen Höhepunkt blicken. Es war mir bald eine besondere Freude, an Ostern zu arbeiten.

Dieses Jahr war anders.
Ich hatte Besuch und trank Rotwein zu Risotto mit Erbsen Pesto und Rotwein zu Spargel.
Eingangs gab es auch Silvaner. Ein bisschen Tradition kann ja nicht schaden.

Dieses Jahr war besonders.
Denn ich hatte ein Geburtstagsmenü. Am Karfreitag. Meinem alten Hohen Feiertag.
Das Menü war eine kleine Sensation, dafür sorgte Annette Popig, mit der ich je länger je lieber zusammenarbeite.

Die Gäste hätte ich am liebsten gebeten, mich in ihren Familienverbund aufzunehmen. Sie sind mir recht ans Herz gewachsen. Ein Karfreitagsmenü mit Weinbegleitung und Lachen.
So ändern sich die Traditionen.

Dorit Schmitt ruft auf ihrem Blog Aromenspiele die #109 Weinrallye aus zum Thema
Kulinarische Ostergeschichten.
Ich bin schon mittendrin.

Hier ist mein Karfreitagsmenü

Glasierte Möhren in Himbeeressig mit frischer Minze
Paprika-Steinpilztörtchen
Spargel-Rucolasalat in Orangenvinaigrette
Koriandergarnelen am Spieß
Zucchini-Parmaschinken-Carpaccio
Die Vorspeisen waren als Buffet angerichtet.

Kohlrabisuppe mit gebratener Jakobsmuschel

Weinberatung
Heilbutt gebraten, Rotweinreduktion,
Selleriepüree, geschmolzene Tomaten

Weinberatung

 

Weißes Kaffeebohneneis
Karamelisierter Rhabarber mit Pistazienstreuseln

 

 

Meine Weinbegleitung
Da das Ganze ein Mittagessen war, wurden Weine gereicht, die möglichst die Spanne der Gerichte begleiten konnten. Aber ich hatte ein besonderes Augenmerk auf einen passenden Rotwein zum Heilbutt mit der Reduktion. Es war ein Gedicht!

Cremant D’Alsace brut AOC der Cave de Turckheim, Elsass
Pinot blanc und Auxerrois
Nase von Brioche, Holunder, geriebenem Apfel, Mango, Orangenceste. Am Gaumen zarte beständige Perlage verbunden mit Noten von reifem Apfel, kandierten Früchten einer Spur von Haselnuss. Die Apfelaromen sind sehr präsent in einem ausgewogenen finish.

2015 Grauburgunder Tradition, Weingut Bergdolt Reif & Nett, Pfalz
Üppige Nase von Mirabelle, reifem Pfirsich, Orangenceste, Muskat, Akazienhonig, wird am Gaumen ergänzt von leichter Säure und viel Schmelz. Mündet in einem toastigen fruchtigen Finish. Perfekter Allrounder.

2014 Le Caleselle, Valpolicella Classico DOCG, Santi, Veneto
Corvina, Rondinella, Molinara
Leicht animalische Nase mit frischen Zweigen, Kaminrauch, Piment, Sauerkirsche, Pflaume.
Am Gaumen zarte Fruchtaromen, gut balancierte Säure, Kirschmarmelade und etwas Zartbitter.
Fruchtig weicher Nachhall mit leichter Rauchigkeit und etwas Tannin. Leicht und doch rund.

Auch wenn nach zwölf Stunden die Füße schmerzen, war es ein wirklich rundum gelungener Karfreitag.
Für alle Beteiligten. Die Protestantentochter war zufrieden.

 

 

Dieses Jahr war ganz besonders anders.

 

 

 

Nun währt ja Ostern bekanntlich vier Tage, und wie ich eingangs schrieb, ist Samstag der Tag der Vorbereitungen auf das große Fest. Ich bekam weit angereisten Besuch, so mussten Vorräte her. Wenn der Besuch dann auch noch ein Kollege ist und eine 2008 Priorat Parallele mitbringt, wäre es fast besser, von Ostern schnell auf Weihnachten zu springen. So machten wir bezüglich Foodpairings eine Ausnahme und aßen und tranken, wie es sich ergab.

Salat mit Pinienkernen, Tomaten und Avocado
Risotto mit Erbsen Pesto und gebratener Jakobsmuschel
***

Spargel mit Räucherschinken, Sauce Bernaise, Neuen Kartoffeln
Chaumes mit Dattelbrot

Wir hatten Silvaner ng.2 aus der Pfalz, der noch an anderer Stelle eine Rolle spielt und hier deswegen ausgelassen wird. Folgend:

Weinbegleitung

2002 und 2003 La Torre
Mourvédre
Domaine Gardiés, Roussillon

Der 2002 besticht in der Nase mit Liebstöckel, Bittermandel, Kaminrauch, Cassis, Pfeffer, Espresso, Garrigue. Am Gaumen kräftiger Säureauftakt, Rote Beeren, Cassis, Tabak, etwas Mandel. Im Nachhall lang mit ausgeprägter Säure, sehr adstringent und mineralisch.

Ein eleganter Wein zu dunklen Gerichten vom Strauss und Hirsch mit Gewürzen und kräftiger Sauce.

Der 2003 eröffnet in der Nase mit Zimt, Zartbitter, Espresso, Pflaume, gerösteten Haselnüssen. Am Gaumen dunkle Beeren, Pflaume, Süßkirsche, Jod, Zartbitter, leicht kühle Säure. Im Nachhall lang und gerbig mit viel Tabak und Fruchtaromen.
Ein üppiger Wein zu cremigem Käse, geschmortem Hasen oder Kalbsgulasch mit Roter Bete.

In der Rückschau machte 2002 eindeutig die bessere Performance.

Am nächsten Tag gab es dann sieben Priorats aus dem Jahre 2008.
Diese waren bereits drei Tage offen, was ihnen gut getan hat.
Das war so spannend, dass wir vergaßen, den Spargel zu kochen, lediglich am wunderbar selbstgebackenen Brot von Annette Popig nagten, bis wir mit der Verkostung am Ende waren und uns ausgetauscht hatten. Interessant war die Erkenntniss, daß wir in der Beurteilung fast gleich lagen, aber in unterschiedlichen Sprachen die Weine benannten.

Da diese Verkostungsnotizen den Rahmen dieses Beitrags sprengen würden, gibt es hier lediglich einen Wein, der zu unser beider Favoriten gehört, und der Preis-Leistungssieger ist.
Den Rest wird Torsten Hammer dann in seinem Blog beschreiben.

 


2008  Celler Cecilio Negre

80% Grenache, Rest Cabernet Sauvignon und Syrah
Celler Cecilio, Gratallops, Priorat

Verblüffende Nase von Zimt, Orangenceste, Kakaopulver, Schiefer. Am Gaumen Auftakt von Tabak und Kaminrauch, weichen roten Beeren, Gewürzbrot. Im langen Nachhall präsente doch weiche Tannine, aufblitzende Orangenceste, mündend in einem Pflaumenfinish.
Guter Allrounder, aber auch ein schöner Speisenbegleiter zu Braten, Wachteln, Couscous mit Ratatouille.
Nun ging es dann doch mal ans Kochen.
Der Spargel hatte ein wundervolles Aroma und meine Bernaise war perfekt.
Zur Erfrischung nach all dem Rotwein gab es dann noch einen lang gehüteten Schatz aus meinem Keller. Einen unfiltrierten Weißwein, der in einer Milchkanne vergoren wurde, 2014 gefüllt. Ich war gespannt, ob er sich halten konnte. Er konnte mehr!

2012 Milchkändl
Weißburgunder, unfiltriert
Weingut Albert, St. Leon Rot, Baden

Firn, Tabak, Erde, reife Äpfel, Most, hefig, Grapefruit, Kräuter sind erste Eindrücke in der Nase. Sehr dicht am Gaumen mit Vanille, Muskat, hellen Fruchtaromen, Grapefruitspitzen, viel Schmelz, kaum Säure. Auskleidender cremiger dennoch frisch anmutender langer Nachhall.

 

Ein Wein der Kontrapunkte braucht. Fisch mit weißer Specksoße oder Kalb mit Oliven und Zitronenthymian und ganz besonders gut geht auch Raclette.

 

Wein und Speise Ostern

Nun endet meine Ostergeschichte. Die Protestantin wurde an Eindrücken reich beschenkt.

Dieses Jahr war anders.
Arbeiten am Karfreitag kann sehr vergnüglich sein.

Dieses Jahr war besonders.
Ich lauschte mit meinem Besuch den Geschichten der gereiften Weine.
Vielleicht schaffe ich mir eine neue Tradition.

Die WeinPlanerin. Korrespondierend und Konträr.

 

Hier geht es zu den links der Beteiligten

Annette Popig –  Menü und Buffet
Torsten Hammer –  Der Prioratweinführer

 

Hier geht es zu den Weinen

Cremant d’Alsace                  € 10,80          Feine Weine in der Weststadt

Le Caleselle Valpolicella       €   6,90          Feine Weine in der Weststadt

Grauburgunder Tradition    €  7,95           direkt ab Weingut BRN

La Torre                                   € 30,00          Jahrgang 2011 ab Weingut

Cecilio Negre                          € 14,00          Der Prioratweinführer

 

 

Die Weinrallye ist ein monatlich stattfindendes Blogevent. Jeweils ein anderer Blog bestimmt ein Thema und ruft die Blogosphäre dazu auf, zu diesem Thema einen Artikel zu verfassen. Sinn und Zweck einer Weinrallye ist einzig und alleine der Spass und die Motivation, schöne Themen aufzuarbeiten. Bei der Weinrallye darf jeder mitmachen, egal ob Weinblogger oder nicht. Auch Nichtbloggern bieten die Gastgeber immer die Möglichkeit ihre Beiträge auf ihrem Blog zu veröffentlichen. Auch bei den Kollegen vom Weinforum kann man seine Beiträge einstellen. Bitte verlinkt Eure Beiträge in der Facebookgruppe Weinrallye  und in den Kommentaren des gastgebenden Blogs. Im Anschluss erscheint dann bei Facebook und auf dem gastgebenden Blog die Zusammenfassung.

 

 

 

1 Kommentare zu “Ostergeschichte. Weinrallye #109.

  1. Die gebürtige Protestantin Juliane verzaubert in EinfachWein mit ihrem Ostermenü nach 5-Sterne-Niveau auch einen geborenen Atheisten mit Gaumenfreuden zum Abheben. Ganz dem Irdischen verhaftet träumt man von einer Wiedergeburt, um die Freude zu verlängern.

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