Priorat. Katalonien. Welt des Tannins. Schiefer pur.
Carinena heißt die alles beherrschende Traube
und wenig anderes wird hier verwendet.
Das Priorat ist eigenwillig. So auch seine Weine.
Sie schreien nicht „Hier bin ich“.
Sie verlangen dem Genießer Zeit und Geduld ab.
Denn sie brauchen jahrelange Reifezeiten.
Und dann auch noch viel Luft.
Anlässlich der 10 Years After Verkostung des lieben Kollegen Torsten Hammer
vom Prioratweinführer habe ich mich entschlossen, drei dieser Weine ebenfalls zu ergründen.
Mas de Camperol, Clos Severi und La Fuina.
An der zeitgleichen Verkostung Anfang November hinderten mich anderweitige Verpflichtungen.
Angekommen waren die Luxusgeschöpfe aber schon.
Die Weine schauten mich strafend an, als wollten sie nur sagen:
Mädel, in diesem Jahr muss es aber noch sein.
So fasste ich mir letzte Woche ein Herz. Gespannt auf eine Woche Priorat!
Ich habe die Weine fast täglich probiert.
Am ersten Tag direkt nach dem Öffnen, ohne Luft.
Jeder Tag ist notiert. Ohne in den vorherigen Notizen zu blättern.
Damit das Spektakel interessant bleibt.
Die Weine haben in der Tat sehr unterschiedlich performt. Und täglich neue Geschmacksvielfalt geboten.
Mir hat das gut gefallen, auch wenn man sie dadurch nur schwer einschätzen kann.
Zu meiner großen Freude hat Torsten Hammer sich bereit erklärt, einige Fragen zu beantworten.
Denn wer kennte die Gegend, die Weine, die Winzer besser als er!
Hier ist meine kleine Reise durch eine Woche mit drei Super Weinen aus der Welt des Tannins.
Wem das alles zuviel zu lesen ist, dem empfehle ich, weiter zu blättern zu Tag 7 und dem Resümee.
2005 Mas del Camperol Crianza DOQ
Mas Garrian
14,5% Vol. – € 27,00
Tag Eins
Nase: Liebstöckel, Jod, Brennessel, Zartbitter, Schwarzkirsche, Zigarrenblätter, Toast, Tabak
Gaumen: mächtige Schwarzkirsche gefolgt von Säure, Tabak, Cassis, Tannine leicht abgefedert
Nachhall: weiche Aromen, abgelöst von etwas brennendem Alkohol, dicht und verschlossen
Tag Zwei
Nase: Teer, Cassis, Jod, schwarzer Pfeffer, Lorbeer, Rumtopf
Gaumen: Auftakt von Säure, Espressopulver, prägendes Tannin, Lorbeer, Rumtopf
Nachhall: sehr alkoholisch, überdeckt die Fruchtaromen, Tannine noch sehr verschlossen
Tag Drei
Nase: Teer, Zimt, Tabak, Espresso, Waldboden, Thymian
Gaumen: Zartbitter, Rumtopf, Zigarrenkiste, würzig, Tabak, Kaffee
Nachhall: lang und gerbig, sehr spannend, Toast und Pflaume
Tag Fünf
Nase: Teer, kalter Rauch, nasse Erde, gestossener Pfeffer, Zartbitter
Gaumen: Pflaume zu Beginn, abgelöst von Säurespitzen, klare prägende Tannine
Nachhall: streng, kühl, gerbig
Tag Sieben
Nase: Espresso, überreife Beeren, Rosinen, Cassis, Zigarrenblätter, Rosmarin
Gaumen: Cassis, Trockenpflaume, weiche Fruchtaromen, Tabak, leichte feine Säure
Nachhall: mittellang mit präsenten aber weichen Tanninen. Finish von Rosinen und Tabak
2005 Clos Severi DOQ
Mas Garrian
15 % Vol. – € 20,00
Tag Eins
Nase: Leder, Espresso, Jod, Thymian, Cassis, Schwarzkirsche
Gaumen: Zartbitter, Espresso und Johannisbeere verbinden sich. Auskleidende Tannine werden abgelöst von reifer Frucht.
Nachhall: Tannine sind sehr vordergründig, noch sehr verschlossen
Tag Zwei
Nase: Animalisch, Liebstöckel, Zartbitter, Backpflaume, Tabak
Gaumen: weicher Fruchtauftakt gefolgt von Säure, Zartbitter, animalische Noten, Teer, Espresso
Nachhall: Tannine bleiben hart. Zartes Pflaumenfinish
Tag Drei
Nase: etwas verschlossen, Espresso, Jod, Tabak, Rosmarin, Erde, Cassis, Kakao
Gaumen: weicher Auftakt von Fruchtaromen, leichte Säure, Kakao, Espresso, Zigarrenkiste
Nachhall: sehr gerbig, verschlossen
Tag Fünf
Nase: Cassis, kalter Kamin, Grüne Walnüsse, Thymian, Espresso, schwarze Beeren
Gaumen: weicher Auftakt von Nougat und Cassis, etwas alkoholisch
Nachhall: sehr balanciert in Frucht und Tanninstruktur. Lang
Tag Sieben
Nase: Petrol, Espresso, Zartbitter, Kaminrauch, Zigarrenkiste, Schwarzkirsche, zerstossener Pfeffer
Gaumen: weicher Auftakt von Frucht und Zartbitter, sanfte Säure, Pfeffer, Tabak
Nachhall: lang und weich in den Aromen, auskleidende Tannine
2005 La Fuina DOQ
Celler dels Pins Vers
14% Vol. – € 33,00
Tag Eins
Nase: Laub, Waldboden, kalter Kamin, Rosa Pfeffer, Cranberries, Lakritz
Gaumen: Cranberries, Espresso, Zimt, Tabak, Lakritz, Pflaumenkompott, auskleidende Tannine
Nachhall: prägende Tannine überdecken die Fruchtaromen
Tag Zwei
Nase: Kräutergarten und kandierte Kirschen, Holunder, Cassis, Espresso, Tabak
Gaumen: Auftakt von Pflaume, Kirsche, Holunder abgelöst durch pelzige Tannine, Espresso, Rauch
Nachhall: etwas alkoholisch, weiche Fruchtaromen durchziehen strenge Tannine
Tag Drei
Nase: Cassis, Veilchen, Lakritz, Holunder, nasses Laub, Schwarzkirsche, Zartbitter
Gaumen: weich, stoffig, Pflaume, Kirsche, Nougat, leichte Säure mittig
Nachhall: gerbig mit aufblitzenden Fruchtaromen
Tag Fünf
Nase: Rumtopf, Holunder, Blätter, Liebstöckel, Jod, Rosa Pfeffer, Cranberries, Heidelbeere
Gaumen: Cranberries, Holunder, Würznoten, gefolgt von kräftiger Säure und auskleidendem Tannin
Nachhall: lang, beerig, gerbig
Tag Sieben
Nase: nasse Erde, Rumtopf, Rosinen, Hauch von Brombeere, Nougat, Haselnüsse
Gaumen: Aromenexplosion von Pflaume, Brombeere, Nougat, Kakao, Tabak. Mittig etwas Kühlendes. Feine Säure und gut eingebundenes Tannin
Nachhall: kühle Fruchtaromen werden abgelöst von ausgeprägten sehr harmonischen Tanninen
Letze Runde
Mas de Camperol
Der Wein bleibt gradlinig: streng, huldvoll, unnahbar
Speisen: Gegrilltes Fleisch (Rind, Lamm) mit Kräutermarinaden, Pesto, viele Gewürze, Steinpilze, Rösti, kräftiger Käse
Clos de Severi
Die Mischung zwischen Frucht und Gerbstoffen ist sehr spannend.
Leider spürt man den Alkohol zuweilen.
Speisen: Lamm gefüllt mit Schnecken, Oliventapende, gebratene Rinderleber mit Polenta,
geschmortes Wild, Petersilienwurzel, Preiselbeeren, Kohl
La Fuina
Dieser Wein löst die Ideen des Anfangs am besten ein. Rund und jetzt sehr trinkbar.
Speisen: geschmortes Wild, Wurzelgemüse, Preiselbeeren; Terrinen, Pasteten; Braten, Gänse
Mein Resümee
Die Korken waren tiefschwarz. Aromenfülle gab es schon kurz nach dem Öffnen.
Die Weine haben sich zwischenzeitlich wieder verschlossen, das war sehr spannend.
Tag Eins war leicht und spannend, Tag Zwei verschlossen.
Danach ging jeder Wein so seinen eigenen Weg.
Die Aromen, wie zu lesen ist, waren sehr unterschiedlich von Tag zu Tag. In Summa gleichen sie sich dennoch. Kehren wieder, aber erst nach Tagen.
Die Weine brauchen Zeit und Luft. Und man muss Gerbstoffe mögen.
La Fuina ist meine Siegerin. Denn sie schafft es, fast durchgängig, offen zu bleiben.
Sie verbindet schwere Aromen wie Pflaume, Tabak und Zartbitter mit den langsam weich werdenden Tanninen.
Wenn man hier überhaupt von Siegern sprechen kann.
Alle Weine sind auf einem hohen Niveau und verdienen besondere Aufmerksamkeit.
Priorat will verstanden sein.
Fragen an Torsten Hammer vom Priorat Weinführer
Was ist für Dich das Besondere am Priorat?
Das Priorat ist das Besondere am Priorat. Das Zusammenspiel aus traumhafter Natur und Menschen mit Leidenschaft und Visionen, die aus dem, was sie von den Vätern erbten, ein erlebbares Genussgesamtkunstwerk schaffen. Der Stolz der jungen dort lebenden Generation und ihr erwachter Respekt für die Bewahrung dieses Paradieses.
Wie hat diese Gegend Dich gefunden?
1996 hat es sich bei einer Radtour durch Katalonien noch hinter hohen Bergen vor mir versteckt und mir nur einzelne Weine „zugeworfen“, die meine Neugier weckten.
1999 hab ich es gesucht: Das Finden erinnerte an ein zugewachsenes Märchenschloss, schmalste abenteuerliche Straßen, schlafende Dörfer mit mehr Katzen als Menschen.
Heute empfängt diese Gegend mit offenen Armen und einer glücklich machenden Gastfreundschaft. Was für ein Weg!
Die Weine des Priorat sind tanninlastig und oft im gehobenen Preissegment.
Was macht Deiner Meinung nach den Reiz für Sammler und Liebhaber aus?
Die Besten unter Ihnen (und das sind inzwischen sehr viele, auch nicht nur von den wenigen bekannten Namen stammend) erzählen Geschichten, wecken Gefühle, machen Lust auf intensives Schlürfen. Sie wollen Zeit, Neugier und Offenheit vom Genießer, sträuben sich gegen hastiges und gedankenloses Trinken. Man sollte Zuhören, was die Weine zu erzählen haben, eine neue Langsamkeit, die uns ja oft fehlt. Intensität statt Oberflächlichkeit.
Eine Speisenempfehlung zu den Weinen?
Die katalanische Küche ist reichhaltig und für uns manchmal durchaus schräg. Da werden Dinge kombiniert, die für den deutschen Gaumen erstmal komisch klingen.
Zur Fidegua (wie Paella, aber mit speziellen Nudeln und nur mit im Wasser lebendem Getier) unbedingt durchaus bodengeprägte Rote.
Zu Gerichten mit verarbeitetem Knoblauch gern einen der raren Rosé-Weine.
Und wer dann Wachteln in Schokosoße probiert und dazu einen guten 100% Carignan hinstellt, dem sollte das glückliche Genießer Grinsen nicht aus dem Gesicht weichen.
Aber unbedingt auch die Weine für sich entdecken, nach dem Essen und in Ruhe.
Dein schönstes Erlebnis der 10 Years After Verkostung?
Der 2005er Jahrgang bekam zur Messe, bevor die Weine überhaupt in den Verkauf kamen, hohe Vorschuss Lorbeeren. Viele der Weine verschlossen sich dann schnell und lange.
Es war Arbeit, das zu probieren. Heute nach 10 Jahren kehrt der Genuss zurück.
Die Vorschuss Lorbeeren waren berechtigt. Die Vielzahl wahrhaft großer Genussweine ist wohl das Begeisterndste an den 78 von uns jetzt intensiv verkosteten Weinen. Da sind so viele Überraschungen dabei! Das Niveau ist insgesamt extrem hoch. Die Weine beginnen gerade erst, zu zeigen, was sie können.
Da kann ich nur beipflichten! Die Weine sind nach zehn Jahren erst am Anfang ihrer Karriere!
Ich hatte eine sehr spannende wachsende Begegnung mit den Weinen und ich freue mich auf weitere Verkostungen.
Die Weine gibt es online bei Der Priorat Hammer
Das Zusammenspiel von Speise & Wein ist meine Passion.