Priorat. Welt des Tannins.
Jedes Jahr im Herbst beginnt der Weinhändler und Blogger Torsten Hammer, seine gelagerten Schätze zu untersuchen und die zehn Jahre alten Weine in einer groß angelegten Verkostung auf den Prüfstand zu heben. Zehn Jahre sind für das Priorat keine lange Zeit. Immer wieder ergeben sich erstaunliche Überraschungen bezüglich Aromen, Säure und Tannin.
Wie schon vor zwei Jahren hatte ich zugesagt, drei Weine zu verkosten. Daraus sind nun sechs geworden. Denn Torsten hat mir das Geschenk von drei Minifläschen seiner Weine aus dem ersten Flight gemacht.
Es ist hoch interessant, sich eine Woche Zeit zu nehmen und diesen Tanninbomben beim Atmen zuzusehen. Sich öffnen sich sehr langsam und sehr unterschiedlich. Mancher Wein sagt zu Beginn fröhlich „Hallo“, um dann für zwei Tage lieber noch ein bißchen unterzutauchen. Andere Weine sperren sich gegen die Luft und beißen kratzbürstig mit Gerbigkeit.
Hat die Verkosterin am Ende Geduld und ebenfalls einen langen Atem bewiesen, wird sie dafür belohnt mit einem Füllhorn von Aromen und Geschmack.
Priorat 2007. Ten Years After.
Hier ist meine kleine Reise an fünf Tagen mit sechs Weinen aus der Welt des Schiefers.
Das Ranking zeigt den besten Wein zuerst.
Für eilige Leser gibt es an Tag Fünf die finale Aussage mit Speisenbegleitung.
2007 Pardelasses, Pardelasses
Priorat – Torroja del Priorat
14°
50% Grenache, 50% Carignan, 12 Monate Ausbau in Barriques aus französischer Eiche
TAG EINS
In der Nase Cassis, kalter Kaminrauch, Graphit, Teer, Garrigue, Buchsbaum, Waldboden, Heidelbeere, Liebstöckel.
Am Gaumen weicher Fruchtauftakt, Pflaume, Heidelbeere, Rumtopf, etwas adstringent, Pfeffer, Graphit.
Weicher Nachhall mit kurzen Noten von Veilchen, Jod, kräftigen Fruchtaromen.
Breite ausgewogene Tannine.
TAG ZWEI
Medizinale Nase mit Veilchen, Graphit, Heidelbeere, Liebstöckel, Waldboden.
Am Gaumen etwas animalische Noten gefolgt von viel dunkler Beerenfrucht, Graphit, Mandeln, Kräutern.
Im Nachhall große Länge, sehr gerbig. Mündend in weichen Fruchtaromen mit Tabak und sehr präsenten Tanninen.
TAG DREI
Nase von Schwarzkirsche, Orangenceste, Teer, Heidelbeere, etwas Waldboden, geröstete Nüsse, kräutrig.
Weicher Fruchtauftakt am Gaumen, leichte Süßholznoten, toastig, sanfte gut eingebundene Säure.
Im Nachhall lang und ausgewogen. Viel dunkle Frucht konterkariert mit weichen lebendigen Tanninen. Nussig kräutriges Finish.
TAG FÜNF
Nase erneut medizinal, mit Tabak und Teer, Liebstöckel, viel Schwarzkirsche.
Zum beerigen Gaumenauftakt gesellen sich kurze Säurespitzen, abgelöst von Pflaume, Kirsche, Nüssen und Tabak.
Der Nachhall ist geprägt von enormer Länge mit viel schwarzer Frucht und leicht kräutrig. Fein balanciert in weicher Tanninstruktur.
Der Wein hat sich in eine gute Balance hinein entwickelt.
SPEISEN
Rinderfilet unter der Olivenkruste, Römersalat in Butter geschmort, Garnelen-Kartoffelstampf.
Rosa gebratenes Lammfilet, Pesto, Kürbisravioli.
Steak vom Hirschen mit Schokoladensauce, Brokkoliflan.
2007 Terres de Vidalba, Tocs
Priorat – Poboleda
15°
Grenache, Cabernet Sauvignon und Syrah aus dem eigenen Weinberg in der Lage Barranc de la Bruixa
TAG EINS
In der Nase nasses Laub, Zartbitter, Espresso, Jod, Rumtopf, Oregano, Tabak.
Am Gaumen weicher Auftakt von dunklen Beeren, viel Rumtopf, Pflaume, abgelöst von kurzer weicher Säure, etwas Mandel und Gewürze.
Im langen Nachhall sehr ausgewogen. Präsente weiche Tannine.
TAG ZWEI
Jod, Garrigue, Buchsbaum, Graphit, Rumtopf, nasses Laub, Zartbitter in der Nase.
Am Gaumen Pflaume, Nougat, Rumtopf. Sehr weich. Etwas Oregano, Tabak, sanfte Tannine.
Im langen Nachhall weiche opulente Frucht, etwas Tabak und feine lange Tanninstruktur.
TAG DREI
Graphit, Jod, Orangenceste, Pflaume, Garrigue, Zartbitter, Holunderbeeren in der Nase.
Gaumenauftakt mit schwarzen Beeren, auskleidende Tannine, Graphit, Espresso, Nougat, Tabak, kräutrig mit leichter Säure.
Im Nachhall enorme Länge und sehr ausgewogen. Gute Balance zwischen Frucht und gut eingebundenen prägenden Tanninen.
TAG FÜNF
Graphit, Pflaume, Zartbitter eröffnen die Nase, ergänzt von Orangenceste, Kräutern, Kaminrauch.
Weicher Fruchtauftakt am Gaumen, abgelöst von Tabak und Zartbitter, leicht kühl, etwas Kaffeepulver.
Enorme Länge im Nachhall mit rauchigen Noten, viel dunkler Frucht, leichtem Pfeffer und langen ausbalancierten Tanninen.
So schmeckt Priorat für mich.
SPEISEN
Surf & Turf vom Rinderfilet, geschmolzene Kirschtomaten, getrüffeltes Kartoffelpüree im WanTan Blatt.
Geschmorte Lammhaxe, Ratatouille, Thymian-Polenta.
Rehragout, Apfel-Selleriegemüse, Speckrösti.
2007 Pasanau Germans, La Morera de Montsant
Priorat – La Morera de Montsant
14,5°
65% Garnacha, 20% Cabernet Sauvignon, 15% Merlot
TAG EINS
In der Nase animalisch, grüne Nüsse, Jod, Garrigue, Erde.
Weicher fülliger Auftakt am Gaumen gefolgt von dunklen Beeren, Tabak, Brombeere, Thymian.
Im Nachhall breit, stoffig, rauchig, kaum Säure mit weichen langen Tanninen.
TAG ZWEI
Liebstöckel, Medizinschrank, Zartbitter eröffnen die Nase, ebenso frisch gemahlene Kaffeebohnen, geröstete Haselnüsse, Pfeffer, Zigarrenblätter.
Am Gaumen weiterhin medizinal mit leichter Säure, abgelöst von Kakao, Tabak, Nüssen und leichten Kirschnoten. Sehr adstringent.
Im Nachhall weich und elegant mit viel Tabak und Zartbitter. Große Reife Länge.
TAG DREI
Nase sehr medizinal mit Buchsbaum, Tabak, Zigarre, Cassis, Graphit.
Am Gaumen Auftakt von Eukalyptus und Pflaume. Weich und auskleidend, mit viel Zigarrenblättern, Espresso, Graphit.
Im langen Nachhall weich mit breiter dunkler Frucht und ausgewogenen reifen Tanninen.
TAG FÜNF
In der Nase Teer und grüne Walnüsse, Zigarrenrauch, viel Zartbitter, Eukalyptus.
Am Gaumenauftakt Zartbitter, Zigarre, etwas Pflaume, Nougat, leicht toastig.
Im langen Nachhall viel reife Frucht und Zartbitter unterstützt von langen prägenden und weichen Tanninen.
Nase gegen Gaumen ist erstmal gewöhnungsbedürftig. Sehr eigen und reif.
SPEISEN
Rinderfilet Wellington, Johannisbeergelee, Brokkoli-Kartoffelstampf.
Wachtel in Schokoladensauce, Kartoffelbaumkuchen.
Gulasch vom Hirschen, Rote Bete, Steinpilzravioli.
2007 Bujorn, Bujorn
Priorat – La Vilella Baixa
14,5°
Carignan, Grenache und Cabernet Sauvignon
TAG EINS
In der Nase Waldboden, nasse Blätter, Stall, Cassis, Graphit.
Am Gaumen Cassis abgelöst von kurzen Säurespitzen, kräutrig, etwas Mandel.
Im Nachhall Rumtopf, Süßkirsche mit lebendigen sehr weichen Tanninen.
TAG ZWEI
Üppige Nase von Veilchen, Orangenceste, Pflaume, Süßkirsche, Nougat, Lakritz.
Kurze Säurespitzen bilden den Gaumenauftakt, gefolgt von dunkler, weicher Beerenfrucht, viel Nougat, fast cremig mit Thymianwürze.
Im Nachhall etwas alkoholisch mit gut strukturierten weichen Tanninen und auskleidender Frucht.
TAG DREI
Nase eröffnen Süßholz, Schwarzkirsche, Brombeergelee, Graphit, viel purer Schiefer, Lakritz.
Am weichen Gaumenauftakt viele dunkle Beeren, sanfte Säure, leichte Tabakwürze, Kräuter, sehr üppig.
Im Nachhall adstringent und puristisch, angenehme Beerenfrucht, prägende Tannine.
TAG FÜNF
Schwarzkirsche, Brombeergelee, Garrigue, Thymian, etwas Graphit in der Nase.
Am Gaumen viele Kräuter verbunden mit Heidelbeere, Brombeere, sehr weiche Frucht, gut eingebundene Tannine, Tabak, Zigarrenblätter.
Im langen Nachhall sehr beerig, stoffig mit sanfter Tanninstruktur.
Der Wein ist anschmiegend und weich, aber etwas eindimensional. Das ist schade.
SPEISEN
Geschmorte Ochsenbacken, Safranrisotto, Parmesanhippe.
Wachtel in Rosinensauce, Pastinakenpüree.
Hirschbraten, Rosa Pfeffer, Romanesco, Estragon-Rösti.
2007 Cesca Vincent, Celler Cesca Vicent
Priorat – Gratallops
15°
40% Grenache, 35% Cabernet Sauvignon, 20% Merlot, 5% Syrah (unfiltriert)
TAG EINS
In der Nase Zigarrenrauch, geröstete Nüsse, Graphit, Liebstöckel, ein wenig Medizinschrank,
Pflaume, Zartbitter.
Am Gaumen Auftakt von Roten Beeren, leichte Säure verbunden mit Zartbitter und Kräutern.
Im Nachhall sehr ausgewogen, adstringent mit prägender Frucht im Hintergrund. Tabakfinish.
TAG ZWEI
Kalter Rauch, Sauerkirsche, Rosa Pfeffer, Espressopulver, Jod. Die Nase ist heute verschlossen.
Weicher Fruchtauftakt am Gaumen, gefolgt von kurzer Säure, Cassis, Pflaume, Espresso, Kaminrauch.
Im Nachhall noch etwas unkonzentriert, weiche Mandel- und Kirscharomen, sehr adstringent mit prägenden Tanninen. Tabakfinish.
TAG DREI
Rauch, Graphit, Zigarrenblätter, Schwarzkirsche, Pflaume, leicht kräutrig in der Nase.
Weicher Fruchtauftakt am Gaumen gefolgt von kurzer lebendiger Säure. Viel Zartbitter, nussig, eine fast helle Kirsche, kräutrig.
Im Nachhall zunächst sehr gerbig, wirkt aber im Zusammenspiel mit Aromen von Tabak und Nüssen ausgewogen.
TAG FÜNF
Kalter Kaminrauch, sehr rosiniert, kräutrig in der Nase.
Am Gaumen Auftakt von Tabak, Zartbitter, leichte Säure, Schwarzkirsche, kurze weiche Tannine.
Im Nachhall viel Frucht und leichte Säure, sehr zurückhaltende Tanninstruktur, toastiges Finish.
Ein Leichtgewicht. Kann nicht ganz überzeugen.
SPEISEN
Rindersteak vom Grill, Tomaten- oder Walnussbutter, geröstetes Weißbrot.
Lammrücken unter der Kräuterkruste, geschmorte Perlzwiebeln, Polenta.
Gebratene Blutwurst, geschmälzte Zwiebeln, Kartoffelpüree.
2007 Roca de Bruixa, Roca de Les Dotze,
Montsant- La Morera
14°
75 % Grenache, 25% Syrah , 16 Monate im neuen 400 l Fass aus französischer Eiche ausgebaut.
TAG EINS
In der Nase Graphit, schwarzer Pfeffer, Cassis, Eukalyptus, Feigen, Kaffee.
Am Gaumen leicht kühl mit frischer Säure, gefolgt von prägenden Cassis Noten, Zartbitter, Tabak,
etwas kräutrig.
Im Nachhall sehr prägende Tannine und enorme Säure mit Zigarrenfinish.
TAG ZWEI
Graphit, Kaminrauch und Pfeffer lassen die Nase heute verschlossen.
Weicher Gaumenauftakt von Brombeere, Zartbitter, Espresso, gefolgt von leichter Säure, gebrannten Mandeln, Garrigue.
Im Nachhall sehr adstringent, toastig, prägende Tannine, wenig. Frucht.
TAG DREI
Rauch, Cassis, Garrigue, etwas Espressopulver, weiches Graphit, fast streng.
Am Gaumenauftakt leicht kühl, mit lebendiger Säure, Sauerkirsche, Cassis, Espresso, kalter Rauch.
Der Nachhall ist kurz. Die Tannine formen sich allmählich, doch noch sehr unruhig und adstringent. Tabakiges finish mit viel Stein und Kräutern.
TAG FÜNF
In der Nase Graphit, Bitterschokolade, Garrigue, Pfeffer.
Am Gaumen kalter Kaminrauch, Cassis gefolgt von präsenter Säure, Tannine etwas im Hintergund.
Im Nachhall streng, viel Espresso, Graphit mit ausladender Säure. Sehr gerbiges Finish.
Der Wein öffnet sich nicht. Er wirkt streng mit sehr viel Säure.
SPEISEN
Leberpastete, Oliventapenade, getrocknete Tomaten, gegrilltes mariniertes Gemüse, Graubrot.
Nudelauflauf, gebratene Chorizo, Oregano Schmand.
Gebratenes Kaninchenfilet, Cranberries, Grünkohl, Rohe Kartoffelklösse.
Fazit
Es ist schwer, auf solchem Niveau von Punkten und Siegern zu sprechen.
Priorat braucht Zeit. Es verlangt vom Genießer Offenheit und Neugier.
Priorat, das ist kein Alltagswein. Hier ist großes Kino für Rotweinfans.
Bezugsquelle
Alle Weine gibt es bei Torsten Hammer in seiner Prioratführerselektion.
Viel Wissenswertes über das Gebiet im gleichnamigen Blog.
Hier finden sich auch die Notizen meiner Mitstreiter.
Preise
Pardelasses € 24,00
Tocs € 33,00
Pasanau Germans € 20,00 (ausgetrunken)
Bujorn € 25,00
Cesca Vincent € 19,00
Roca de Bruixa € 27,00
Die WeinPlanerin. Wein und Speise. Korrespondierend oder Konträr.
Mein Respekt vor diesem Wein ist durch diesen Artikel nicht kleiner geworden. Aber Danke für die sehr anschaulichen Beschreibungen. Vielleicht eines Tages traue ich mich doch an ihn heran, den Priorat….
Mutig probieren…Du kannst nur positiv überrascht werden….
liebe juliane,
danke für deine umfangreiche verkostung und die geduld die du für die weine aufgebracht hast !
ab und zu gönne ich mir einen priorat – wenn´s draussen schön kalt und dunkel ist sind das die
perfekten essensbegleiter – meine erfahrung – ein frisches glas zum essen und dann wegstellen wenn´s auch schwerfällt – drei tage später nochmal geniessen
also freuen wir uns auf die kalten abende 🙂
harald
Ja, Lieber Harald, so ähnlich sehe ich es auch: öffnen, genießen, wegstellen…warten….dann weiter genießen….auch nach einigen Tagen ist ein Glas Priorat eine gute Speisenbegleitung!
Für mich unerreichbare Gaumenkaskaden. Aber schon die Beschreibung ist ein Genuß. Vielleicht sollte man beim Probieren einen akustischen Führer mitlaufen lassen wie im Museum.
Danke für die Begeisterung. Ich glaube die Akustik beim Verkosten wäre eher kontraproduktiv, denn das ist ja dann doch mehr Schlürfen und Gurgeln.
Die Assoziationen schafft das Gehirn.
Was für eine interessante „chrono-vertikale“ Probe! Die Notizen machen Lust, das auch einmal nachzuvollziehen.
Besten Dank – und weiter so!!
Ich danke ebenfalls. Priorat ist einen Verkostungsreigen immer wert.