Christin Jordan vom Blog Hauptsache Wein! hat eingeladen.
Da ist es wohl ein Muss, zu folgen.
Kürzlich im Weinladen
Es ist lange Nacht und die Straßen sind belebt.
Ich schenke Wein aus. Die Menschen strömen herein und sind sehr zufrieden.
Zum Plaudern ist nicht so richtig viel Zeit, denn der Zustrom ist groß.
Eine Kundin steuert zielstrebig auf unseren offenen Riesling zu und fragt mich nach dem Restzuckergehalt des Weins. Ich bedauere, diesen kenne ich nicht. Und denke mir, wenn sie schon nach Zuckergehalt fragt, dann sollte sie sich auch für die Säure interessieren, denn beides gehört zusammen.
Die Dame wird leicht ungnädig. Ich müsse das aber wissen. Als ich ihr höflich aber bestimmt erneut versichere, dass ich es nicht weiß, rauscht sie wutentbrannt ab. Um gleich darauf meinen Kollegen mit derselben Frage zu löchern. Er sei doch Weinhändler, er müsse das wissen, das gäbe es doch gar nicht, unprofessionell und so ging es fort.
Der Abend war zu schön, um sich darüber aufzuregen.
Ich könnte es wissen. Aber ich weiß es nicht. Ich hätte der Dame etwas über die Mosel, ihre Böden und Riesling an sich sagen können. Über die Aromatik, Geschmack, Ausdruck des Weines. Und auch welche Speisen dazu passen.
Sie aber wollte nur die eine Sache wissen. Ich glaube, sie wollte sich nur aufregen können.
Vielleicht sollte der Weinladen eine Liste der Restzucker und Säure Werte all seiner Weine haben.
Aber ich frage mich, ob eine Fachverkäuferin in einer Metzgerei weiß,
wieviel Pökelsalz an Schinken oder Salami ist, das ist doch sicher jetzt ganz wichtig.
Farbe bekennen
heißt unser heutiges Thema.
Ich bekenne mich dazu, nicht alles zu wissen. Obwohl ich sehr viel weiß.
Und ich möchte hier eine Lanze brechen für Authentizität.
Mich hat das in all den langen Gastronomen Jahren schon gestört.
Ich habe dem mäkligen Gast ein Kapitel in meinem Buch gewidmet.
Es gibt keine Branche dieser Welt, die Gäste und Kunden so sehr verleitet, alles ständig beurteilen zu müssen,
die perfekte Meinung zu haben und stets Fehler am Konzept zu finden.
Ich habe mich immer gefragt, warum das so ist.
Wenn man sich wehrt, wird es gleich ganz schlimm, denn dann verliert man möglicherweise seinen Kunden oder erntet böse Bewertungen im internet. Denn böse Zungen sprechen leider öfter und lauter als wohlmeinende.
Ich werde keine Zuckergehalte auswendig lernen. Ich kenne die Weine, die ich verkaufe oder präsentiere.
Ich weiß, wie sie schmecken im Detail. Ich weiß viel über Rebsorten. Und ich kenne die Bestandteile der Cuvées.
Das tun bei weitem nicht alle Weinverkäufer. Das ist mir mehrfach passiert.
Ich lasse mir nicht einreden, dass ich wissen muss, was jemand wissen will.
Nur weil er in einer Laune ist.
Mein Gebiet ist die Verbindung von Wein & Speise – und darin will ich gerne beraten.
Und weil dies eine Weinrallye ist, gibt’s jetzt wenigstens noch was zu trinken.
Hier sind meine Herbstfavoriten. Weil die für sich sprechen.
Auch Wein hat es nicht immer leicht, Farbe zu bekennen.
2005 Barolo Villero DOCG
Azienda Agricola Giacomo Fenocchio
Montforte d‘Alba, Piemont
Ein Hektar dieser kleinsten feinen Lage gehören Fennochio und die Lage ist ungewöhnlicher Weise horizontal bepflanzt in Südlicher Ausrichtung. Fennochio ist ein Traditionalist, lange Lagerzeiten und Barrique Ausbau.
Derzeit ab Jahrgang 2008 mit € 30,00 zu finden im internet.
Nase: Majoran, Tabak, Zigarrenkiste, Pflaume, Erde, Süßkirsche
Gaumen: Süße steht kurz vor aufblitzender Säure, weiche lange Fruchtaromatik, Pflaume, Röstaromen, Tabak, Orangenceste, Mandeln
Nachhall: kräftig, nussig, toastig mit ausgeprägter Tanninstruktur.
Speisen: am besten nur kräftiger Käse
2011 Malbec Reserva
Terazzas de los Andes
Mendoza, Agentinien
Mit € 16 im internet gut bepreist. Braucht allerdings viel Luft.
Nase: Laub, Teer, Cassis, Eukalyptus, Unterholz, rosa Pfeffer, etwas Pflaume
Gaumen: Cassis, Pflaume zu Beginn, etwas säure in der Mitte, auskleidende Tannine, Kaminholz, Zigarrenkiste
Nachhall: Würzigkeit mit etwas Bittermandel, reife Fruchtnoten in der Mitte, langes gerbiges Finish
Speisen: Steaks, Reh!, Canberries, Kräutermarinaden, Wurzelgemüse, Rösti
Ich wünsche allen einen schönen Winter mit prächtigem Farbenspiel im Wein.
Das Zusammenspiel von Speise und Wein ist meine Passion.
Die Weinrallye ist ein derzeit monatlich stattfindendes Blogevent. Jeweils ein anderer Blog bestimmt ein Thema und ruft die Blogosphäre dazu auf, zu diesem Thema einen Artikel zu verfassen. Sinn und Zweck einer Weinrallye ist einzig und alleine der Spass und die Motivation, schöne Themen aufzuarbeiten. Bei der Weinrallye darf jeder mitmachen, egal ob Weinblogger oder nicht. Auch Nichtbloggern bieten die Gastgeber immer die Möglichkeit ihre Beiträge auf ihrem Blog zu veröffentlichen. Auch bei den Kollegen vom Weinforum kann man seine Beiträge einstellen.
Bitte verlinkt Eure Beiträge in der Facebookgruppe Weinrallye, im Anschluss erscheint dann bei Facebook die Zusammenfassung.
liebe juliane,
… du kennst nicht die zucker/säuregehalte aller weine ?? so was aber auch – ist ja fast schon unverschämt 🙂
manche „kunden“ sind halt besonders wichtig und gescheit , deren extrem wichtige und schlaue fragen
kann dann auch nicht jeder beantworten… wohl der, die weiss, welchen schuh sie sich anzieht – und welchen
eben nicht 🙂
ich wünsche dir weiter ein dickes fell und uns lesern deinen humor…
harald
Lieber Harald,
danke für Deine Zeilen, die nun mich schmunzeln machen…Ist auch schön, wenn meine Leser den Humor beantworten…
Wein ist nicht nur Wissenschaft, sondern auch Leidenschaft und persönlicher Geschmack.
Freu mich schon aufs Fachsimpeln auf der Messe im Frühjahr!
In diesem Sinne – auf viele gute Worte! Juliane
„Ich bekenne mich dazu, nicht alles zu wissen“. Howgh, wie mich dieser Satz doch freut. Ich begegne so vielen Menschen, die immer alles Wissen. Nicht nur im Beruf (das war während Jahren unausgesprochener Standard), nicht nur in der Politik (da wird es so laut verkündet), leider auch beim im Bereich des Weins. Und gerade da, wo nicht nur lernbare Fakten im Spiel sind, sondern ebenso viele Emotionen, wäre doch gut, nicht alles zu wissen. Übrigens – ein Freund von mir – stellte lange Zeit bei jedem Winzerbesuch die gleiche Frage: „Spontanvergoren?“. Wir amüsierten uns, die Winzer wohl weniger!
Danke Peter Züllig für diese Worte.
Sie sind einfach nur herrlich!
Fachleute simpeln und spötteln unter sich. Wenn’s doch überall so vergnüglich wäre wie beim Wein.
Peter Züllig hat gesprochen – wow! Wir schließen uns seiner Weisheit an und spülen mit einem Riesling nach.
Mit wenig Restzucker.