Château Redortier – Ein Gastbeitrag von Stefan Krimm

Ch. Redortier

Hier ist ein Gastbeitrag von Stefan Krimm,
der in meinem Sinne eine tolle Geschichte mit schönen Weinen im Gepäck hat.

Gipfelstürmer: Sabine und Isabelle de Menthon, Château Redortier, Beaumes-de-Venise

Rock’n Beaumes!! Die Winzer von Beaumes-de-Venise an der südlichen Rhône feiern in diesem Jahr mit einem umfänglichen Programm, mit Veranstaltungen auch für die weinbegeisterte Jugend, das 10-jährige Jubiläum ihres Aufstiegs zum Cru, dem höheren Adel der französischen Wein-Klassifikation.

Natürlich ist die Weingeschichte des hübschen, nach den hier zu findenden Felshöhlen benannten 2400-Seelen-Orts am Fuß einer mittelalterlichen Burgruine viel, viel älter. Sie begann wohl mit griechischen Händlern um 600 v. Chr. und eine an der Kapelle von St. Hilaire ausgegrabene Kelterszene belegt, dass sie auch von den Römern fortgesetzt wurde. Bekannt war der Ort vor allem durch seinen Muscat, einen ausdrucksstarken Süßwein, der schon am päpstlichen Hof von Avignon geschätzt wurde.

Blick von Redortier auf die Dentelles

Der Rotwein stand etwas in seinem Schatten, aber so mancher Weinfreund war der Meinung, er gedeihe von der Art des Terroirs wie von der Höhenlage her unter ähnlich hervorragenden Bedingungen wie der benachbarte rote Gigondas, der seit den 70er Jahren auch international immer mehr Anerkennung gefunden hat.

Die Cru-Fläche des Beaume umfasst 1456 ha. Sie verteilen sich auf ein ganzes Mosaik von Bodenarten, denn der Ort liegt an einer lange Zeit aktiven Bruchzone, die u.a. zur Aufrichtung der an die Alpen erinnernden, teilweise dramatisch schönen Dentelles de Montmirail führte.

Ihr verdankt sich auch die Emporpressung von Trias-Schichten, die an der südlichen Rhône gemeinhin in 1500 m Tiefe liegen. Die Böden des dabei angerichteten geologischen Chaos reichen von flach überdeckten Kalksteinlagen und –scherben über mergelige, lehmig-tonige Böden und kreidige Schichten mit Gipseinschlüssen bis zu wenig fruchtbaren, aber sich rasch erwärmende Molasse-, Sand- und Kiesböden aus dem Miozän.
Bemerkenswert sind neben dieser Vielfalt mit ihrem differenzierten Geschmacksregister und dem bis auf 500 m Höhe ansteigenden Relief die geringen Durchschnittserträge von rund 30 hl/ha. Erlaubt wären 38 hl/ha! Weitere Begrenzungen sind die Winzer im Geist der Zeit eingegangen: Der akzeptierte Alkoholgehalt wurde im Statut von 2006 auf 14,5 % begrenzt und – absolut zukunftsweisend! – das Spritzen von Herbiziden zwischen den Rebzeilen ist nicht zulässig.

 

Sabine und Isabelle de Menthon, Ch. Redortier 3Ganz in der kleinen Spitzengruppe der 25 Privatwinzer des Ortes haben die Zwillingsschwestern Sabine und Isabelle de Menthon mit Château Redortier ihren Platz gefunden. Von ihnen findet sich im Verkostungsstübchen des Guts ein herrliches Foto vom Sonnenaufgang des 17. August 2014. Dass sie darauf mitten im Hochsommer warme Anoraks tragen, verwundert nicht, wenn man den Ort der Aufnahme erfährt: es ist der 4810 m hoch gelegene Gipfel des Mont Blanc.

Die beiden sind nämlich nicht nur begnadete Winzerinnen, sondern sie stehen auch als Bergsteigerinnen in ziemlich steilen und nicht ganz ungefährlichen Wänden ihre Frau.

Redortier Montblanc

 

Die Bereitschaft zum kalkulierten Risiko, häufig die Voraussetzung für Spitzenleistungen, scheint für sie ein existenzielles Element zu sein.

Umwege gehören auch dazu, nicht nur bei der Suche nach der besten Kletterroute:

Beide sind studierte Juristinnen. Sabine fügte dem in Aix erworbenen Diplom zwei Abschlüsse in Weinrecht und Agrarwirtschaft hinzu. Und weil sie nicht hinnehmen wollte, dass die wunderschöne Natur der Umgebung von Suzette zersiedelt würde, fungierte sie ab 2008 sogar 6 Jahre als Bürgermeisterin des kleinen Orts am Fuß der Dentelles. „Die Gier nach Bauland berührte bei mir eine ganz empfindliche Seite“, erklärt sie. „Da konnte ich nicht anders als mich aufstellen lassen!“
Redortier Blick auf die Dentelles 2Ihre Schwester Isabelle schaute sich in der Zwischenzeit möglichst viel bei ihrem Vater ab, den sie insbesondere im Keller unterstützte.

Ein anderer „Umweg“: Das Land des heutigen 35-ha-Weinguts, das über die höchstgelegenen Rebfelder der gesamten Appellation verfügt, wurde 1956 von Etienne de Menthon, dem aus Savoyen gekommenen Vater der beiden Schwestern, nicht für den Wein-, sondern für den Obstbau erworben. Für Reben bevorzugte man damals geringere Höhenlagen. Der studierte Landwirt versuchte es dann aber doch auch mit Trauben und bepflanzte erste Flächen mit Grenache und Syrah.

Die weitere Entwicklung und insbesondere der in den 80er Jahren zunehmend bemerkbare Klimawandel gaben ihm recht: die Höhenlage sorgt für aromastarke, nicht zu schwere Weine und die liegen nach den „Blockbuster“-Exzessen der 90er Jahre definitiv im Trend: nicht marmeladige Fülle und alkoholische Schwere werden mittlerweile gesucht, sondern Eleganz, Finesse und Komplexität.

 

Sabine und Isabelle de Menthon, Ch. Redortier

Genau damit können Sabine und Isabelle de Menthon, die auch von schokoladigen bzw. vanilligen Barrique-Noten in ihren Weinen nichts halten, erfreulicherweise dienen: nicht ganz zufällig errang ihr Beaumes-de-Venise 2011 beim ebenso selektiven wie angesehenen Concours Général Agricole in Paris eine Goldmedaille, ein Erfolg, den sie mit Beaumes-de-Venise „Le Château de mon Père“ 2012 und mit der klassischen Version des Jahrgangs 2013 gleich wiederholten. Und der 2011er lag einen knappen Monat vor der Erstürmung des Mont Blanc beim 28. Concours de Vacqueyras Jury Consommateurs um die in der Region sehr begehrte „Trophée Raimbaut“ ebenfalls unangefochten an der Spitze. Die beiden Schwestern, die nach dem Motto „Geduld, Konsequenz, Einfachheit und sorgfältige Berücksichtigung des Potentials jeder Parzelle“ arbeiten, können „es“ zweifellos: im Weinberg, im Keller und am Berg.
Das beweisen nicht nur ihre Beaumes-de-Venise, sondern auch die nuancierten, komplexen Gigondas aus den höchstgelegenen Parzellen dieser ganzen Appellation.

Dass Château Redortier trotz der Repräsentation auf den Getränkekarten von Häusern wie dem „Caprice des Deux“ in St. Tropez, dem „Hiély Lucullus“ in Avignon und dem „Bouchon“ in Las Vegas preislich bisher immer noch auf dem Boden geblieben ist, macht seine Erfolge für die Konsumenten umso sympathischer. „An amazing value!“ könnte man im Tenor eines etwas in die Jahre gekommene amerikanische Weinprälaten aus Monkton (Maryland) dazu sagen.

Redortier Blick auf die Dentelles 3

 

Die Weine:

Sabine de Menthon, Ch. Redortier

2009 Beaumes-de-Venise AC, Monsieur le Comte, Château Redortier
Intensiver Duft nach Schwarzkirsche und Brombeere mit einer winzigen Spur von Teer; am Gaumen beeindruckende Kombination von Kraft und Eleganz, komplex und tief, sehr reife Tannine, schöner Körper, langer Nachhall. Ein Langstreckenläufer!
17/20

2009 Beaumes-de-Venise AC, Château Redortier
Differenzierte Aromen von Heu, Kirsche und trockenen Kräutern; am Gaumen feine Süße, Kirsche und Himbeere, transparent, elegant mit feinem Spiel, schöner Glut, mittlerem Körper und recht langem Nachhal
16,5/20

2010 Beaumes-de-Venise AC, Château Redortier
Reife, ganz leicht rauchig-kräuterige Aromen von süßen Brombeeren; am Gaumen bemerkenswertes Spiel zwischen Waldbeeren, Preiselbeeren und kleinen Johannisbeer-Spitzen. Ein eleganter, fein-mineralischer Wein von hoher Klasse.
17/20

2011 Beaumes-de-Venise ACIMG_4657
Kräftiger, leicht bräunlicher Rubin; im Duft würzige, fast exotische Schwarzkirsche und Brombeere; am Gaumen ein Wein mit Anspruch: schmelzige Waldbeeren, dicht, komplex und geschliffen, sehr schöner Stoff, feine Tannine, langer Nachhall
17,5/20

IMG_4658
2011 Beaumes-de-Venise AC, Le Chateau de mon Père
Dunkler Rubin; Schwarzkirsche und Waldbeeren mit leicht erdigen Noten; am Gaumen enorme Fülle, Schwarzkirsche und Waldbeeren, Tannine noch leicht kreidig, ganz feine Bitternoten in Spannung zur fülligen beerigen Süße, langer Nachhall
17/20

 


2012 Beaumes-de-Venise AC, Château Redortier
Kräftiger, leicht bräunlicher Rubin; zurückhaltender Duft nach reifen, süßen Kirschen und Brombeeren mit einem Hauch Tabak; im Mund dicht mit feinbitterer Nussigkeit und einer Spur Schattenmorelle, recht schöner Körper, langer Nachhall
16/20

2013 Beaumes-de-Venise AC, Château Redortier
Kräftiger, leicht bräunlicher Rubin; feinsüße, leicht erdige Aromen von Kirschen und reifen roten Beeren; am Gaumen kräftige Noten von Waldbeeren und Schattenmorelle, reif und füllig, leicht kandierte Waldbeeren und Feigen, nussig mit schönem Biss, recht langer Nachhall. Ein Wein von Klasse in diesem nicht ganz einfachen Jahrgang!
16,5/20Chateau Redortier

2012 Gigondas AC, Château Redortier
Im intensiven, nuancierten Duft Brombeeren und Kirschen; am Gaumen frische Feigen und Brombeeren, gutes Gerüst, feinsüß und schmelzig, schöner Schliff, reife Tannine, langer Nachhall. gelungene Verbindung von Komplexität, Stoffigkeit und Eleganz!
17/20

 2014 Gigondas AC, Château Redortier
Kräftiger Rubin mit leicht violetten Reflexen; frische, kräftige Aromen von Kirsche und Brombeere; am Gaumen viel junge, aber geschliffene Kirsche, Kraft und Balance, gutes Volumen, recht schöner Körper, langer Nachhall mit feinen Bitternoten, Klasse deutet sich an, insgesamt aber noch etwas verschlossen
16,5/20

 

Stefan Krimm
Näheres über den Autor

Redortier Blick auf die Dentelles
Importeure:
Bobbywein, Oberberghofstraße 47, 89134 Blaustein
Weinhaus Grüneburgweg, Grüneburgweg 49, 60323 Frankfurt am Main

Die Weine liegen preislich bei 10-16€.

Das Weingut

Großen Dank an Stefan Krimm für diesen wundervollen Artikel.

 

Die Rechte des Montblanc Fotos liegen bei den Schwestern de Menthon.
Die Rechte aller anderen Fotos liegen bei Stefan Krimm.
Ich danke beiden für die Überlassung.

 

Das Zusammenspiel von Speise & Wein ist meine Passion.

 

 

 

 

10 Kommentare zu “Château Redortier – Ein Gastbeitrag von Stefan Krimm

    • Ich schätze die Meinung des Autors sehr.
      Würde mich über ein feedback freuen, wenn Sie wieder zurück sind.

  1. Ich liebe die Dentelles, ach die ganze Gegend! Den Weg nach Suzette und den Aufstieg kenne ich mit dem Rennrad sehr gut. Dieses Jahr im traditionellen Caromb Urlaub, werde ich aber auch einmal mit dem Auto den Weg machen. Und der Schwester en route zurück nach Hause nach Berlin ein paar Flaschen mitbringen. Was für ein schöner Artikel am Sonntag Morgen. Südfranzösische Sonne scheint in mein Schlafzimmer.

    • Na da kam der Artikel ja just in time….
      Freue mich auf die Mitbringsel im Herbst und beneide Dich, dass Du die Schwestern de Menthon kennen lernen wirst.

  2. Der Artikel macht ungeheuer viel Sehnsucht. Ich war erst einmal in den Dentelles zum Klettern und bin dann aber hinterher weintechnisch in Gigondas unterwegs gewesen. Wenn ich wieder mal in diese Gegend komme, werde ich mich an diesen Artikel erinnern und das Weingut der beiden kletternden Damen gerne besuchen. Ist übrigens auch ein typisches Winterklettergebiet, bei mir war es damals ein herrlicher Februar-Tag – momentan wäre es wohl eher zu heiß – für alles… Besten Dank für den tollen Bericht.

    • Danke, Torsten! Das Tolle ist ja, dass Autoren wie Stefan Krimm solch ein Weingut überhaupt finden.

      • So Dinge passieren halt zum Glück. Weil man zur rechten Zeit am rechten Ort war, weil man sich ohnehin in einer Gegend gut auskennt, weil man gezielt sucht… Wichtig nur, dass man es dann wahrnimmt und das Richtige draus macht. Und wenn es dann ein Sehnsuchtsartikel ist, dann umso besser.

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