Altes Gemäuer. Moderne Anlage. Weinrallye #111


Ein altes Gemäuer. Auf einer kleinen Insel. Der Stoff zum Träumen. Wenn sich darin dann auch noch ein hochmodernes Weingut befindet, umso mehr.
Auch wenn Weinbau harte Arbeit ist. Selbst unter Mallorcas Sonne.
Und wenn es dann zu 5ha Reben auf einem 11ha Gut auch noch Außenanlagen, Schafe, Perlhühner, Schweine und Olivenbäume zu pflegen gibt, ist das für einen Winzer im Alleingang eine Aufgabe.

Doch zunächst geht es in die Historie.
Die Wurzeln des Gutes liegen im Jahr 1263.

 

Damals vertrieb König Jaime I von Aragon die Mauren aus der Insel, um sein Königreich zu vergrößern und sich auch gegen deren Seeräuberische Machenschaften im gesamten Mittelmeer zu wehren.
Er verteilte nach seinem Sieg das Land auf Mallorca neu.
Der Soldat Pere von Mandia erhielt Land und eine Finca nahe Manacor als Lohn.

Die Finca Mandia Vell.
Die Finca gehört zu den ältesten Fincas der Insel. Sie steht heute unter Denkmalschutz und einige prähistorische Funde zeugen von weitaus älteren Wurzeln. Ein Teil des Haupthauses war ein arabisches Lazarett. Bis vor kurzem wurden in der Kapelle aus römischer Zeit noch Trauungen zelebriert.

Ich treffe den Winzer Thomas Wambsganss auf Mandia Vell,
deren Weinbauer und Verwalter er seit gut einem Jahr ist.
Und dessen Weine ich wenige Tage zuvor auf einer Verkostung entdeckt hatte.
Weine von großer Länge und Klarheit.
Gefüllt in Flaschen aus Ton, die ein Gesicht ziert.
Ein altes Gesicht, in Stein gehauen.
Nun sehe ich unter einem Baum am Rande der Weinfelder das Original.
Da liegt es. Leicht verwittert von all der Zeit und doch so präsent.

So drücken sich auch Wambsganss Weine aus.
Präsent aber nicht für den schnellen Konsum.
Weine, denen man nachspüren kann. Weine, die Geschichte schreiben.

 

 


Weingeschichte-n ist das Thema der 111. Weinrallye
, die Anja Kircher vom Blog Weingeschichte(n) ausgerufen hat. Und auch wenn ich Mitte Mai einen großen Beitrag über Mandia Vell und seinen Weinmacher veröffentlicht habe, möchte ich dieses Gut hier präsentieren, weil es so genau zu diesem Thema passt. Und weil ich im Nachgang auf die deutsche Importeurin gestoßen bin, die ihre Winzer nur nach persönlichem Augenschein ins Programm aufnimmt. Weil sie die Geschichte(n) zur Wein und Winzern erzählen will.

 

Mandia Vell.
Moderne Anlage in geschichtsträchtigem Ambiente.

Der Rundgang über die Finca führt nun zum Ort der Weinbereitung. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Der Keller sind zwei lange Seitenbauten. Auf der rechten Seite die Weißweinbereitung mit modernen Gärtanks. Und einer Kühlkammer. Hier werden bei der Lese nach Bedarf die Trauben nach dem Entrappen gekühlt, um sie vor der Pressung auf eine verträgliche Temperatur zu bringen. Das kenne ich nicht. Aber Thomas Wambsganns erläutert, dass seine Trauben in den Erntemonaten August und September eine Temperatur von über 20 Grad haben, würde er sie nicht kühlen, setzte der Gärprozess zu schnell ein. Mallorcas Sonne kann auch Nachteile haben.

 

 

 

 

 

 

 

Gegenüber gibt es für die Rotweinbereitung zunächst ebenfalls eine große Halle mit den modernsten Gärtanks, die gerade auf dem Markt sind. Es sind Rotweinmaische Taucher, die schonend in mehreren Durchgängen an einem Tag die Maische umrühren. Darüber hinaus zieht Wambsganss den Wein auch ab und remontiert ihn. Man merkt, dass hier jemand arbeitet, der das Geschäft schon lange kennt. Auf der Rotweinseite gibt es dann gleich zwei Kühlkammern. Die erste ist derzeit leer, hier wird später ein weiterer Jahrgang liegen. Im zweiten haben wir säuberlich aufgereiht den Barrique Keller. Er arbeitet nur mit kleinen Fässern. Und alt müssen sie sein. Neue Fässer kauft er nur wenige, denn seine Weine sollen nicht toastig schmecken.

Interessant dieser Gegensatz: das alte Gemäuer und die hochmoderne Anlage.
Einzig die Presse ist ein Überbleibsel aus einer anderen Welt.

Am großen Verkostungstisch probieren wir 2016 Rosado. Tempranillo und Merlot zu gleichen Anteilen. Diesen Wein würde ich als seinen unkomplizierten bezeichnen. Ja, meint er, ein „Saufwein“. Meinem etwas irritierenden Blick entgegnet er: „Ein Wein, der Spass macht und Lust auf ein weiteres Glas.“ Das macht er. In der Nase noch verhalten breiten sich am Gaumen viel Sauerkirsche und Mandel aus. Sehr cremig, etwas Pflaume verbunden mit einer frischen Säure und guter Struktur und Länge.Ein herrlicher Begleiter zu einem Vesper mit Sobrasada, mittelaltem Käse und Holzofenbrot.

 

 

 

 

 

 

Mandia Vell.
Ein Winzer und seine Philosphie
.

Wambsganss ist Pfälzer. Gelernter Winzer und studierter Weinbetriebswirt. Seine Geschichte beginnt vor 13 Jahren. Er man nach Mallorca und blieb. Maßgeblich hat er den Aufbau zweier Weingüter auf der Insel vorangetrieben. Um sich nun bewußt dem Gegenteil zu verschreiben.
Um es vorsichtig in Worte zu fassen, war es sein Wunsch, andere bedingungslose Wege zu gehen.
Und Glück. Denn die BIO zertifizierte Finca suchte einen Verwalter.

Das biologische Arbeiten hat er schon früher angewandt. Den Vorteil der Insel sieht er in der stabilen Wetterlage. Im Winter fressen Schafe die im September eingesäte Gründüngung und düngen somit wieder den Boden. Er lässt den Reben Zeit, schneidet extrem zurück und verzichtet damit auf viel Ertrag, damit die Pflanze ihre Kraft konzentriert und tief wurzeln kann.

Für die schon bestehenden Junganlagen hat er einen Meter Gesteinsschicht aufgebrochen und abgetragen, damit die Reben im nahrhaften Boden tief wurzeln. Das ernährt die Reben und spart Wasser. Letzteres ist auf der Insel das größte Gut. Auch wenn die Finca einen Brunnen hat, der so tief zu sein scheint, dass er immer Wasser hat, ist Wambsganss ein Winzer, der schonend und bewusst mit der Natur umgeht.

Thomas Wambsganns hat eine Vision. Und einen Anspruch.
Er will nicht Herkömmliches machen.
Weg von allen Klassifizierungen.  Sein Credo gehört den internationalen Rebsorten. Er arbeitet daran, den Alkoholgehalt der Weiß- und Rosé Weine niedrig zu halten, denn seiner Meinung nach erschlägt der Alkohol die Typizität der Weine.
Seine Weine tragen die Handschrift seines Bodens, seiner Flora, seines Könnens. Weine, mit denen man sich beschäftigen muss. Weine, die sich langsam erschließen, dann aber in den Bann ziehen.

Sein Meisterstück ist der Sauvignon Blanc.
Er liest die Trauben aus der gleichen Lage in vier Tranchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Die Tranchen werden einzeln ausgebaut. Sie sind spontan vergoren.
Und werden erst im Januar kurz vor der Füllung dann verschnitten.


2016 Sauvignon blanc, Ecológico
Bodega Mandia Vell
VdT Mallorca

In der Nase viel Feuerstein, etwas laktisch, Petrol, grüne Paprika, kräutrig.Am Gaumen folgen grüne Paprika, Stachelbeere, frisch geschnittenes Gras, etwas Mineral, sehr vegetabil. Gut ausbalancierte frische fast stahlige Säure. Im langen Nachhall mündend in einem Holunderfinish.
Dieser Wein braucht Luft und lässt mit Zeit viel Entwicklung zu.

Hier lässt sich eine Vielzahl an Speisen denken. Ziegenkäsetörtchen mit Rosmarin. Gegrillte Sardinen mit geschmorten Kirschtomaten; Bouillabaise; Seeteufel mit Oliven und Kartoffelbaumkuchen; Pasta mit Garnelen; Scheiben vom Kalbsbraten mit Estragonremoulade.

 

 

Ungleich spannender ist der Chardonnay. Und auch hier ist bemerkenswert die Frische bei kräftigen Aromen.

 

2016 Chardonnay, Ecológico
Bodega Mandia Vell
VdT Mallorca

Grüne Nüsse, Orangenceste und leichte Barriquenoten in der Nase werden am Gaumen ergänzt von reifem Pfirsich, Birne, Mango, Banane. Kräftige Fruchtaromen verbinden sich mit balsamischen Noten und Orangenceste im langen Nachhall, geprägt von frischer Säure und dezentem Holz.

Ein Klassiker zu kräftigen Fischen mit Speck oder Buttersauce und Rösti. Ebenso Kürbis, Steinpilze, Trüffelnudeln begleiten diesen Wein.

 


Die Rotweine werden drei Tage einer Kaltmazeration unterworfen. Gären dann 10-12 Tage auf der Maische, danach bleibt der Saft noch 2-3 Wochen mit der Schalenhaut in Kontakt, bevor er endgültig in die Barriques gefüllt wird. 10% Saftentzug schüttet der Winzer weg.


2014 Pinot Noir, Ecológico
Bodega Mandia Vell
VdT Mallorca

Süßkirsche und Dörrpflaume eröffnen die Nase. Zigarrenblätter, Rosa Pfeffer, Kaminholz, frisch geschnittene Zweige folgen. Am Gaumen zunächst rauchig, etwas kühl, leicht adstringent. Gefolgt von zarten Fruchtaromen wie Kirsche, Pflaume ergänzt um Tabak, Pfeffer, Thymian. Elegante weiche Tannine mit feiner doch präsenter Frucht im Nachhall und Tabaknoten.

Als Speisenbegleitung passt hier Perlhuhn mit Spinatfüllung, Fasan mit Kräutern, Wachtel in Rosinensauce, Hasenragout mit Pasta.

 

Gespannt bin ich auf die neuen Roten, auch die 2016 Cuvée, die derzeit noch in den Fässern schlummern.

 

Mandia Vell. Moderne Anlage in geschichtsträchtigem Gemäuer.

 

Mandia Vell

 

Bezugsquelle
Alle Weine 22,50 bis 28,50 bei I.L. Casa

 

 

 

Die WeinPlanerin. Wein und Speise. Korrespondierend oder Konträr.

 

Die Weinrallye ist ein monatlich stattfindendes Blogevent. Jeweils ein anderer Blog bestimmt ein Thema und ruft die Blogosphäre dazu auf, zu diesem Thema einen Artikel zu verfassen. Sinn und Zweck einer Weinrallye ist einzig und alleine der Spass und die Motivation, schöne Themen aufzuarbeiten. Bei der Weinrallye darf jeder mitmachen, egal ob Weinblogger oder nicht. Auch Nichtbloggern bieten die Gastgeber immer die Möglichkeit ihre Beiträge auf ihrem Blog zu veröffentlichen. Auch bei den Kollegen vom Weinforum kann man seine Beiträge einstellen. Bitte verlinkt Eure Beiträge in der Facebookgruppe Weinrallye  und in den Kommentaren des gastgebenden Blogs. Im Anschluss erscheint dann bei Facebook und auf dem gastgebenden Blog die Zusammenfassung.

 

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